Dienstag, 10. November 2009

Doch bevor passierte das, was passieren mußte.
Kaum ein Kind könnte diese Neuigkeit für sich behalten.
Und schon gar nicht vor dem geliebten Papa.

"Red'  keinen Unsinn, Marti!" Streng klang Stefans Stimme, streng und vor Schreck sehr schroff.
"Was sagtest du da? Deine ... deine Mami wär'  dagewesen? Das kann nicht sein, das hast du geträumt, Kind!"
Ungewohnt trotzig stampfte Martina mit einem Fuß auf.
"Sie war da, Papi!" Die Kleine nickte bestimmt. Sah hilfesuchend zu Frau Moser, welche
verlegen ihre Hände wand.
"Stimmt das, Tante? Oder hast du ihr so etwas Dummes eingeredet?!" Er schüttelte ungläubig seinen Kopf. "Du bist doch sonst immer so vernünftig, wie kannst....."
"Jetzt ist es aber genug, Stefan,"unterbrach ihn da Klara energisch,"und ja, sie war da! Punktum!
Sie hat Marti besucht. Sie ist eine Mutter, Stefan, die Mutter von deinem Kind!"

Aprupt wandte sich der Mann ab und ballte die Hände zu Fäusten.
"Mutter," kam es verächtlich von seinen Lippen.
Er drehte sich wieder um und ging auf Klara Moser zu, die vor seinem lodernden Blick erschrocken zurückwich.
"Mutter.....Mutter war die Meine und Mutter bist auch du meinem Kind, aber...aber diese Frau,
die ist keine Mutter, die ist nie eine gewesen, die hat mir ein Kind zur Welt gebracht, mehr nicht!"

"Papa...wie...wie kannst du nur sowas sagen!" weinte die kleine Martina auf und lief schluchzend
in ihr Zimmer.
"Ist dir jetzt wohler...ja?"fragte Frau Moser böse.
"Wie kannst du nur deine Beherrschung dermassen vergessen vor dem Kind? Die arme Kleine!!"

"Was...was hat sie denn?"fragte Stefan Richter.
Er verstand die Welt nicht mehr.
Schließlich war ja er der Arme, der Verlassene, der Betrogene und nichts und niemand sonst.....
"Das würde ich an deiner Stelle sie schon selber fragen," antwortete Frau Moser.
Ihre Stimme triefte vor Spott.
War der Neffe schon so blind vor Wut, daß sein kleines Kind gescheiter war als er selbst?

Kopfschüttelnd ging Stefan in das Zimmer, in welchem er seine Tochter bitter weinen hörte.
Still setzte er sich neben sie.
Das hatte er nicht gewollt.
Nahm sie in seine Arme.
"Du...du hast sie lieb, deine Mami, ja?"sprach er leise.
Er merkte, wie die Kleine nickte und murmelte:"Erzähl'  dem Papi, ja?"
Nichts regte sich, aber das Schluchzen war verstummt.
"Du bist böse auf Papi?"
"Nein, ich hab'  dich ja so lieb, Papi, aber ...du...du darfst nie wieder sowas Schlimmes über die Mami sagen!"
Sie schlang die Ärmchen um seinen Hals und gab ihm treuherzig einen Kuß auf die Nase.
"Ja, weißt du, Papi, Mami ist wunderschön. Wie die Prinzessin, das Schneewittchen in meinem
Märchenbuch....so schön...und so gut, Papi.Nur, ich glaub', sie ist sehr traurig. Ich glaub', daß sie geweint
hat. Viki war auch hier...."
"Viki? Aha. Wie sieht er denn aus?"
"Fast wie Mami, ja, fast. Er ist so süß. Papi?"
"Hm?"
"Hast du die Mami auch lieb?"
Der Mann schloß für einen Moment die Augen.
Warum nur fragte seine Tochter ihn gerade das. Warum mußte er ihre Frage beantworten,
jene Frage, welche er seit Jahren durch Härte verdrängt hatte?Durch Härte aus Selbstschutz.
"Papi?"
Ihr Stimmchen ließ ihn aufschrecken.
Dann umschloß er das Gesichtchen von Martina mit beiden Händen.
Küßte die zarte Stirne.
"Ja, mein Spatz, ich hab'  sie auch so lieb wie du!"
Sein Blick kam wie aus weiter Ferne zurück und ein wehes Lächeln umspielte
seinen herben Mund.
Dann nahm er Martina wieder in den Arm, wiegte sie sanft hin und her, streichelte ihren Kopf und summte ein Lied.....

Das Lied....Frau Moser, die in der offenen Türe stand, wandte sich um.
Das Lied, daß Danni ihrem Baby gesungen hatte.
'Er liebt sie also noch immer, wenn nicht noch mehr, als vor Jahren. Es ist die unerfüllte
Liebe, die scheinbar verschmähte, scheinbar verratene Liebe, welche besonders weh tut.
Oh lieber Gott, warum quälst du diese beiden Menschen bloß so? Läßt sie, jeden auf seine
Weise, einsam sein ohne den andern. Kannst ruhig ihre Sehnsucht und ihre Liebe
zueinander mitansehen? Sie sind doch wie geschaffen füreinander! Ach Gott! Läßt auch Kinder darunter leiden....wie soll man das verstehen?'
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So ließ Stefan zu, daß Daniela von Sanders noch am letzten Tag sein Haus betreten konnte
mit seinem Wissen, seinem Einverständnis.
Aber sehen, begegnen wollte er ihr nicht.
Es würde alles noch mehr komplizieren, noch mehr schmerzhaft machen.
Allein schon das Bewußtsein, daß die geliebte Frau in seinen Räumen weilte,
ließ ihn unkonzentriert seine Arbeit verrichten.
Denn immer wieder schweiften seine Gedanken in eine Zeit, wo ihre Liebe jung
und stürmisch war.
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Der Abschied war sehr schwer.
Marti bettelte immer wieder:"Nimm'  mich mit, Mami, mich, den Papi und die Tante, bitte!"
Was antwortet man da seinem Kind, wie erklären?
Und Viktor wollte sich ebenfalls nicht von seiner Schwester trennen.

Tränenreich verabschiedete sich Danni, umarmte auch Klara.
Diese hatte ihr die Szene mit Marti nicht verschwiegen.

Danielas Herz war deshalb noch schwerer.
Zu wissen, daß der geliebte Mann noch immer Gefühle für sie hegte, nicht nur Haß,
sondern auch Liebe.
Wenngleich mit viel Unverständnis, da er ja die Wahrheit nicht kannte.
Und sie akzeptierte, daß er sie nicht sehen wollte, ja, sie verstand dies auch.

Als sie in ihren Wagen stieg und mit Viktor davon fuhr, liefen Tränen über ihr ausdrucksvolles
Gesicht.
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Fortsetzung folgt

Montag, 9. November 2009

Ein Schlager, welcher flott aus dem Radio drang, versetzte sie in gute Stimmung....
Leise summte sie vor sich hin....
Die Fahrt dauerte einige Stunden, denn sie machte wegen Viktor öfter mal Pausen.

Als sie dann in Wien ankamen, war es bereits früher Nachmittag.
Klara Moser hatte sie nicht Bescheid gegeben, so spontan war ihr Entschluß gewesen. Sie stand
nun unschlüssig vor ihrem Wagen und wußte nicht recht,
was sie tun sollte.
Unter keinen Umständen wollte sie Stefan begegnen.
Es würden in ihnen beiden viel zuviel alte Wunden aufreissen.

'Vielleicht habe ich ja Glück,'dachte sie und hob Viktor aus dem Auto, nahm ihn auf den Arm.
'Vielleicht ist Klara mit Marti im nahen Park.....'
Sie entschloß sich, mal dort hin zu gehen und Nachschau zu halten.

Es war eine weitläufige Grünanlage, alte Bäume, Rasen und mitten drinnen ein Kinderspielplatz mit Rutsche und Sandkasten.
Fröhliches Kinderlachen war zu hören.
Schon von der Ferne sah sie, daß mehrere Kinder miteinander spielten.

Sie blieb hinter ein paar Büschen verborgen stehen und lugte dazwischen durch.
Sah ihr kleines Mädchen jauchzend in der Kinderschar.
Jenes bemühte sich soeben, den Ball zu bekommen.
Dieser hüpfte aber davon und Martina und ein paar Kinder, die dann aber zurück blieben,
liefen ihm nach.
Er landete schließlich direkt vor Danielas hochhackigen Lederschuhen.

"Oh, entschuldigen sie bitte!" rief Martina Richter, hob den Spielball hoch, sah kurz zu der Dame auf, machte einen schnellen Knicks, wollte schon wieder weiterlaufen, da blieb sie überlegend stehen.
Drehte sich wieder um.
Große blauen Augen waren auf Daniela und ihren kleinen Buben gerichtet, der nun seine Ärmchen Richtung Boden streckte....er wollte zu dem Ball.

"Bist du nicht die Tante Daniela?"
Danni nickte mit Tränen in den Augen, nahm ihre Sonnebrille ab, steckte sie in ihre Tasche.

"Du bist meine Mama, nicht wahr?"
Erschrocken blickte die Mutter auf ihre Kleine.
Diese zupfte nun drängend an ihrem Rock.
"Sag' mir's, gell, es stimmt? Ich weiß das, ich weiß, daß du meine Mami bist....ich weiß es schon lange...."
Das Stimmchen erstarb etwas atemlos.
Daniela kniete sich vor ihre Tochter, ungeachtet, was mit ihrer Kleidung passierte, und umarmte das kleine Mädchen.

Klara Moser war heran gekommen.
Sie hatte die letzte kleine Szene miterlebt.
"Ja, Marti, das ist deine Mama," bestätigte sie.
"Endlich, endlich hab' ich meine Mami!" rief die Kleine begeistert.
"Alle haben eine Mama, nur ich habe nie eine gehabt!"
"Woher weißt du, daß ich sie bin?"fragte Daniela sie.
Martina zuckte etwas trotzig mit den Schultern.
"Nun?"
"Ich...ich ... hab' mal nicht schlafen können....da bin ich raus aus meinem Zimmer...und da..da hab' ich....da hab' ich die Tante Klara und den Vati gehört...sie haben von dir gesprochen...und so, wie der Papa von dir gesprochen hat, so, wie er die Frau, die meine Mama ist, beschrieben hat....und das, weißt du, was ich gespürt habe, da," sie zeigte mit einer rührende Geste ihrer kleinen Hand auf ihre Brust,"da hab' ich mir schon laaange gedacht, das kannst nur du sein, Mami!"
Wieder umarmte Danni ihre Tochter.

Viktor wußte nicht, was er machen sollte.
Er hatte sich hinter seiner Mama versteckt und guckte immer wieder neugierig vor.
"Meine kleine Maus, wie groß du wieder geworden bist seit dem letzten Mal! Ist schon lange her, gell?"
Die Kleine nickte und meinte altklug:"Viel zu lange, Mami! Bleibst du jetzt für immer da? Und wer ist das denn?" Sie zeigte auf den kleinen Buben.
"Das ist Viki, dein Halbbruder.Eigentlich heißt er Viktor, aber ich nenne ihn meist Viki."
Auf die erste Frage ging sie lieber nicht ein.
Sie holte mit einer Hand Viktor hervor.
"Viki, das ist deine Schwester, die Marti!"
Martina und er sahen sich kurz mißtrauisch an.
Dann hob Marti ihre  Hand und strich kurz über Vikis Gesicht.
"Hallo Viki,"begrüßte sie den Kleineren.
Daniela richtete sich auf.
"Entschuldige bitte, Klara, daß ich dich nicht gleich begrüßt habe und hier so überfallen habe.
Aber ich hielt es nicht mehr aus, ich mußte Martina sehen."
Klara umarmte sie und meinte:"Ist ja dein Recht, Kind. Der Viktor ist schon groß geworden...als ich ihn das letzte Mal sah, war er ja beinahe noch ein Baby."
"Gib' der Tante Klara die Hand, Viky."
Dieser stand scheu und getraute sich nicht.
"Na los, sei nicht feige, komm', Viky,"forderte die Mutter ihn auf.
Schließlich gab er sein Patschhändchen und machte brav seinen Diener (Verbeugung).
Er hatte ein blaues Kapperl auf, eine blaue Wolljacke und eine graue Hose und sah
richtig nobel aus.
Tante Klara nahm ihn hoch, sah ihn genau an.
"Er sieht dir sehr ähnlich, Danni!"
"Ja, ich weiß, doch er hat auch viel von meinem Mann. So, aber nun muß ich mir wieder
die Sonnenbrille aufsetzen...wenn mich wer erkennt...dann kommen die Neugierigen schnell herbei."
Marti sah ihre Mutter fragend an.
"Ja, Marti, weißt du, ich bin sehr bekannt durch die Zeitungen, bekannt durch meinen Mann, den Baron."
"Ist...ist der Onkel Baron auch da?"
Martina umarmte ihre Mutter und hielt sie fest an ihren Schenkeln.
"Nein, der Onkel ist weit weg, er ist derzeit in Amerika, weißt du?"
"In Amerika? Was macht er denn dort? Wo ist Amerika?"
Geduldig lächelnd beantwortete Danni die Fragen ihrer Tochter.
Sie hatte ein paar Papiersäcke mit.
"Was hast du denn da, Mami?"
"Das gehört alles dir, mein Schatz, das habe ich dir mitgebracht."
"Uih, Mami, danke, danke....."
Alles wollte sie gleich auspacken vor Freude.
"Wir setzen uns dort auf die Bank, schau', da kannst du dir dann alles
genau ansehen, mein Schatz."
Die junge Mutter freute sich über die Begeisterung der Tochter.

Klara Moser sah sie an und dachte bei sich:'Schlimm, daß einige Zeitungen meinten, Daniela von Sanders sei besitzheischend und erfolgssüchtig. Wie sehr man ihr doch Unrecht tat. Und besonders schlimm, daß auch Stefan sich in diese Gedankenwelt verrannt hat.'
"Du kommst selbstverständlich mit uns nach Hause, Danni,"sprach sie energisch.
"Nein, Klara, du weißt, daß das nicht geht. Ich wohne mit Viki im Hotel, das ist sicherer.
Sicherer für uns alle. Ich kam ja nur, um euch zu sehen. In ein paar Tagen muß ich wieder abreisen,
denn mein Mann kommt diesmal früher zurück,"sprach Danni und ihre Stimme klang sehr gehetzt.
"Mami,"rief unten Martina und hielt sich noch immer an ihr fest.
"Meine kleine Maus, es geht nicht anders."
Zärtlich, aber auch voll von Bedauern, sprach Danni auf sie ein.
"Ich hab' dich genauso lieb wie Viky, aber ich kann dich immer nur besuchen. Schau, mein Schatz,
du bist bei deinem Papa und bei Tante Klara gut aufgehoben, das weiß ich."
Sie sah in deren Augen und konnte herauslesen, was sie selber wußte:'Aber sie braucht DICH, Danni.'
Schließlich ging sie doch mit auf Besuch, ihre beiden Kinder links und rechts an der Hand.
Klara hatte sie davon überzeugt, daß Stefan immer erst spät abends nach Hause kam.

Nach Hause?
Da staunte Danni.
Sie kamen vor ein altes, aber sehr hübsches großes Haus mit kleinem Garten an.
"Ja, das ist Stefans Haus, Daniela,"nickte Klara bestätigend. Sie hatte das Erstaunen der Jüngeren sehr wohl bemerkt.
"Ich bin sehr stolz auf ihn, er ist so fleißig."
Eingerahmt von alten Tannen, Bäume und Fassade Efeu bewachsen, mit hübschen grünen Fensterläden.
Spitzenvorhängen vor den Fenstern.

Zögerlich betrat Danni den Vorraum.
Sie kam sich wie ein Eindringling vor.
Was hatte sie hier nur verloren?
Sie spürte Stefan in jeder Ecke, in jedem Raum, in jedem Winkel.
Ja, sie roch ihn förmlich.
"Was ist dir, Danni?"
Daniela war stehen geblieben.
Klara, die ihr das Haus zeigen wollte, drehte sich zu ihr um.
"Ich glaube, ich schaffe das nicht, Klara. Stefan ist einfach überall."
Martina kam gelaufen.
Sie hatte einen Fotorahmen in der Hand.
'Auch das noch,' erschrak Danni.
"Schau, Mami, das sind der Papa und ich!"

Daniela nahm den silbern verzierten Rahmen in ihre Hände, die merklich bebten.
Schwer fiel ihr Blick auf den geliebten Mann und ihrer beider Tochter.
Er hatte sich nicht wesentlich verändert, er war im Gesicht schmäler geworden.
Vor allem wirkte er aber viel ernster.
Schnell stellte sie das Bild auf die nächste Kommode.
"Komm', nimm'  Platz, Daniela, bevor du mir umfällst," sprach Klara fürsorglich und deutete auf einen der Fauteuils.
"Es ist immer noch gemütlich bei euch, so wie es damals...damals...in der Wohnung war...," murmelte die junge Baronin etwas abwesend.
Blickte traurig lächelnd um sich.
"Mami, darf ich mit Viki ein bisserl spielen gehen?"fragte Martina und sah ihre Mama groß an.
"Ja, Marti, gerne sogar, aber bitte paß'  auf deinen kleinen Bruder gut auf, ja?"
Martina nickte und nahm den Kleinen bei der Hand.
Der zog sein Patschhändchen jedoch fort und blieb bei seiner Mama.
"Na, komm', Viki, ich zeig'  dir unseren Garten...und meine Spielsachen, komm' doch!"
Sie nahm ihr Brüderchen nochmals an der Hand.
"Ja, Viki, geh'  mit der Marti, sie möchte mit dir spielen...."
Da fügte sich der Kleine drein und ging mit seiner Schwester aus dem Raum.
Wenig später hörten die beiden Frauen sie schon lachend im Garten spielen.

Klara hatte für Danni und sich Kaffee gemacht und stellte eine Tasse von dem hübschen pastelligen Lilienporzellan vor ihren sich bedankenden Gast.
Nahm selbst gegenüber Platz, schenkte Kaffee ein, rückte Zuckerdose, Milchkanne und Keksteller näher zu Danni heran und meinte dann feststellend:"Du liebst ihm immer noch, Daniela."
Diese blickte ihre Gastgeberin, die ihr die Wahrheit so direkt ins Gesicht sagte, nickend an, nahm einen Schluck des köstlichen Wiener Kaffees, schloß kurz die Augen, lehnte ihren Kopf zurück .
"Ja, Klara, ich glaube, ich werde ihn immer lieben. Aber Stefan...er denkt von mir wohl sehr schlecht, nicht wahr?" "Du hast ihn viel zu sehr geliebt, als daß du ihn so leicht vergessen könntest. Leider hast du recht, er ist schwer enttäuscht von dir, Kind. Er ist sich sicher, daß du deinen Mann nur aus Geldgierigkeit geheiratet hast und weil du einen Titel wolltest. Er hat gesagt...,"Sie zögerte.
Sah Danni lange an.
"Er hat gesagt, daß so ein Mensch wie du nie wirklich lieben kann, weder einen Mann noch ein Kind noch sonst etwas. Daß du nicht besser bist, als deine Eltern, aus demselben Holz geschnitzt.
Bitter hatte er beklagt, daß der Apfel nicht weit vom Stamme fällt. Daß du ihn nur belogen hast und er nicht mehr als ein Intermezzo in deinem Leben war. Entschuldige, Kind....ich wollte dir das niemals so direkt sagen. Es sind SEINE Worte, nicht meine!"
Daniela stöhnte leise auf und legte ihre Hände vor das Gesicht.
"Wie kann er nur so...so zweifeln an mir, Klara? Warum glaubst du, daß ich ihn liebe, er aber nicht?"
Frau Moser erhob sich und ging auf die junge verzweifelte Frau zu.
Sachte nahm sie deren Hände. Sah das verweinte Gesicht, die großen blauen Augen, aus denen die Tränen liefen, sah die echte Verzweiflung in ihrem Blick.
"Kind, Kind,"sprach sie, zog sie hoch, nahm sie tröstend in ihre Arme.
"Ich weiß ja die Wahrheit, er nicht, das darfst du niemals vergessen."
"Ich hab'  ihn halt so lieb und es tut so weh." Daniela seufzte, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
"Sei mir nicht böse, daß ich dir hier etwas vorheule, aber es ist so aus mir herausgebrochen."
"Das mußte mal wieder sein, Kind. Böse? Wie könnte ich. Komm', setzen wir uns nebeneinander auf die Couch und du erzählst mir, was so war, in letzter Zeit. Erzähl'  mir von deinem Leben.Ja?"
Daniela nickte. Klara stellte ihr etwas Whisky in einem Glas hin und Danni nahm einen Schluck.
Erst zögernd, dann immer hastiger schilderte sie Klara, was sich in letzter Zeit so ereignet hatte.
"Es bleibt weiterhin zwischen uns, nicht wahr?" "Wenn du es wünscht, selbstverständlich, Danni!"

Eben kam Viki ungeschickt ins Zimmer getrippelt und lächelnd sah ihn Danni an.
"Er ist sicher nur euer Schloß gewöhnt."
"Ich glaube aber, er fühlt sich hier viel wohler," meinte die Baronin.
"So ein süßes Kerlchen,"murmelte Klara.
Da kam auch Martina bei der Türe herein und schmiegte sich an ihre Mutter.
"Oh, könntest du doch für immer hierbleiben, Mama. Muß dir was sagen..."
Das kleine Mädchen, das noch immer ihr langen Zöpfe trug, deren Enden zwei rosa Maschen zierten, sah verlegen auf ihre Fußspitzen. "Ja?" "Ich...ich...hab'  dich so lieb, Mami."
"Mein kleines großes Mädchen,"stammelte diese voll mütterlicher Zärtlichkeit.
"Wie sehr würde ich mir auch wünschen, bei euch zu bleiben." "Dann bleib'  doch, Mami, gell, Tante Klara, du hast auch nichts dagegen?"
Die schüttelte traurig ihren Kopf.
"Marti, ich werde euch jetzt viel öfter besuchen kommen, ich verspreche dir das, ja?"
Zwei große blauen Augen, die aussahen, wie ihre eigenen, sahen Danni treuherzig an.
"Du bist so schön, Mami! Ich...ich möchte auch mal so schön werden wie du!"
Gerührt strich Daniela von Sanders ihrer Tochter über die Haare.
"Der Papa...der Papa hat gesagt, daß du uns vergessen hast, Mami. Wie meint er das denn?"
'Nicht weinen, ich will keine Tränen sehen, kleine Danni,' hörte sie in ihren Gedanken Stefans dunkle Stimme.
"So, sagt er das, der Papa. Weißt du, auch Papas können sich mal irren," antwortete sie leise.
Klara Moser stand auf.
"Ich habe in der Küche noch etwas zu tun, du entschuldigst mich?"
Daniela nickte.
Sie wußte, daß diese nur taktvoll war und der jungen Mutter und ihren Kindern Zeit geben wollte.
Dankbar blickte sie ihr nach, spielte noch lange mit Marti und Viki, beantwortete so manche Frage, tollte herum, als ob sie selber wieder ein Kind wäre.
Zum ersten Mal lachte sie wieder herzlich.
"Meine Kinder," murmelte sie voll Rührung in der Stimme, als sich die Geschwister nicht trennen wollten.

Die Tage, die sie in Wien verbrachte, waren für Danni wunderbar.
Aber es kam auch der Tag, an dem sie wieder zum Schloß zurück mußte.
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Fortsetzung folgt

Freitag, 6. November 2009

"Wie gehts meiner schönen Frau? Und unserem Sprössling?" fragte er.
Etwas außer Atem antwortete sie:"Gut gehts uns, Lieber, Viki macht gerade sein Mittagsschläfchen. Später könnten wir in den Park gehen und mit ihm spielen. Ist dir das recht?"
Statt zu antworten küßte er sie schon wieder.
"Hast du dich ein wenig nach mir gesehnt, Baby?"
Seine Augen schienen in ihrem Gesicht zu forschen.
Immer noch hatte sie ihm ihr Geheimnis nicht erzählt.
Sie fuhr ihm durch das Haar. "Ja, mein Schatz, das habe ich."
Das stimmte, denn, wenn er da war, verflog alle Langeweile, sie machten zusammen
kleine Ausflüge, hie und da reisten sie auch zusammen in ferne Länder.
Danni wußte, daß vor allem Eugen von Sanders Direktoren die Werke und Liegenschaften leiteten und er eigentlich gar nicht so oft weg müßte, wie er tat.
Es war sein Reisefieber, das schon lange von ihm Besitz genommen hatte, lange, bevor er sie kannte.
Er nahm ihre Hand und lief mit ihr die Treppen hoch.
Vor der Schlafzimmertüre lächelte er verschmitzt und Danni merkte wieder einmal, daß sie ihn wirklich mochte, auch, wenn er wie ein kleiner Junge wie soeben wirkte.
Aber auch seine Leidenschaft (und Liebe)für sie...er war ein wunderbarer Liebhaber, keine Frage.
"Ich hab'  dir was mitgebracht, Liebling!"
"Ja, das tust du doch immer,"flüsterte sie.
"Komm', ich zeig' dir, was...."
Er öffnete die Flügeltüre und schloß sie leise wieder hinter ihnen, ging zum Plattenspieler.
In seiner Hand hatte er nun eine Schallplatte mit blauer Hülle.
Interessiert kam sie näher.
Melina Mercouri.
"Die Schauspielerin.....ja, da war ein Film...ich kenne ihn aber nicht...."
Er nickte. "Ein schöner neuer Schlager mit griechischem Flair,"meinte er lächelnd, nahm die schwarze Scheibe aus dem Umschlag, legte sie auf den Plattenteller....
Nahm seine Frau in den Arm und tanzte mit ihr.
Danni hörte zuerst nicht so auf den Text.
Doch der Refrain ließ sie etwas traurig werden.
Gedanken, so mühsam unterdrückt, kamen in ihr hoch.
"Ein Schiff wird kommen und bringt mir dann den Einen, den ich so liebe wie keinen und der mich glücklich macht.....ein Schiff wird kommen, und meine Sehnsucht stillen....die Sehnsucht mancher Nacht...."
Kurz blieb sie stehen.
"Danni - was ist?"
Sie wischte sich über die Stirne.
'Weg mit euch, ihr ewig aufkommenden Plagegeister.....'

Eugen setzte sich auf das breite Bett, schüttelte seinen Kopf.
Hob seine Hand.....
Zog Daniela, die seine Hand ergriff,  neben sich.
"Meine Sehnsucht nach dir war oft unerträglich, Liebste. Was ist nur los mit dir?"

Sie hob ihren Zeigefinger und legte diesen zärtlich auf seinen fragenden Mund.
Um ihn dann zu küssen.
"Ich brauche dich, Daniela, ich brauche dich so sehr."
Die EIndringlichkeit seiner Worte berührte ihr Herz.
Er öffnete Knopf für Knopf ihrer Bluse und vergrub sein Gesicht in ihrem Ausschnitt.
"Du bist mein, Darling, nur mein....vergiß das nie, bitte!"
Wieder fuhr sie ihm durch die Haare. "Das weißt du doch, Liebster."
"Weiß ich das wirklich, Baby? Oft bist du so abwesend, gar nicht hier, dann wirkst du so traurig auf mich und mich macht dann traurig, daß du dazu schweigst."
"Frag'  mich nicht, Eugen. Frag' nicht, küss' mich lieber. Ich möchte deine Liebe spüren, ganz und gar!"
Die Leidenschaft überkam beide wieder.
Der Arm vom Plattenspieler drehte nur mehr leere Runden, es rauschte und knackste.
Sie hörten das nicht mehr....
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Daniela genoß die Stunden und Tage mit ihrem Mann.
Auch Viktor war glücklich, seinen Vater wieder zu haben, welcher viel mit ihm spielte und herum tollte.
Die Tante von Eugen, Tante Emilie, wurde niemals ausgeschlossen, sie war in die kleine Familie integriert.
Doch nach einem viertel Jahr, es war Spätherbst geworden, packte EUgen von Sanders wieder das Reisefieber.
Zwar fragte er seine Frau jedes Mal, ob sie mit ihm käme, was sie anfangs auch tat, aber irgendwann wurde ihr das unstete Leben zuviel und sie blieb mit ihrem Kind alleine im Schloß und den umgebenden Wäldern und Feldern zurück.

So wie ihn das Fernweh packte sie die Sehnsucht wieder nach Martina.
Und sie beschloß, diesmal, nach Wien zu fahren.
Und nicht umgekehrt, daß Klara zu ihr käme.

Tante Emilie verstand die Welt nicht mehr.
Zuerst war Eugen weg und jetzt fuhr sie auch weg.
Und nahm den kleinen Viktor auch noch mit.

Danni waren deren Gedanken egal, ihr Mutterinstikt trieb sie dazu.

Sie setzte Viktor in ihren Wagen, eine schnittige Limousine.
Band sich ein Kopftuch um die dunklen Locken und ihren schlanken Hals, nahm ihre Sonnenbrille aus der Tasche, setzte sie auf, startete den Wagen, drehte das Autoradio auf.....und fuhr in Richtung Wien davon.
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Fortsetzung folgt

Mittwoch, 4. November 2009


(Fotoquelle Pixelio)

Flitterwochen am Meer.
Sonne pur, Sand und Strand.
Luxus.
Swimmingpool, stete diskrete Bedienung und Diskretion.

Und ganz besonders für ein junges Hochzeitspaar.
Daß dieses einen ganzen Tag seine Räumlichkeiten nicht verließ,
war für das Personal schon fast eine Selbstverständlichkeit.
Man bediente in der Suite, sah nichts, hörte nichts.
Wie die berühmten drei Affen:
Nichts sehen, nichts hören, nichts sprechen.

Eugen hatte das Bedürfnis, all das nachzuholen, was ihm Daniela so lange
verwehrt hatte.
Und er fragte auch nicht nach, wer der Mann vor ihm war, warum sie nicht jungfräulich die Ehe eingegangen war.
Er war schwer verliebt und berauscht von ihrer Sinnlichkeit.
Bekam nicht genug.
Daniela ging darauf ein und irgendwie genoß sie es, derart begehrt zu werden.

Und später das Meer, daß sie schon als Kind sehr liebte.
Man fuhr mit einem schnittigen Motorboot hinaus.

Oder mit der Motorjacht eines Bekannten.

Daniela lag an Deck und sonnte sich.
Sie hatte einen knappen Bikini an, der damals, in den fünfziger Jahren, was völlig Neues war.
Eugen hatte ihr ein paar davon gekauft und genoß den Anblick seiner jungen Frau.

"Meine süße kleine Frau, darf ich dich eincremen?
Komm', ich will nicht, daß dein schöner Körper einen Sonnenbrand abbekommt."
Stand vor ihr mit einer Flasche Sonnenöl, sah sie besorgt-begehrlich an.
Der große Mann wirkte fast wie ein kleiner Junge, der über sechs Ecken doch zu dem kommt, was er gerne hätte.

Sie blinzelte hinter ihrer Sonnenbrille hervor und streifte bereitswillig die Träger von ihren braunen Schultern.

"Hier sind wir ganz allein, Liebste. Schau, weit und breit kein Boot. Kein Mensch, der uns beobachten könnte....."
Er näherte sich ihr und beugte sich über sie, löste den Oberteilverschluß.
Das knappe Teil fiel zu Boden.
Er rieb seine Hände mit dem fetten Öl ein, um dann sanft damit ihren Körper einzuölen.
Es war fast wie eine zärtliche Massage.

Sie setzte sich auf und er zog sie zu sich heran.
"Geliebte, du,"hauchte er ihr ins Ohr, heiser vor Erregung.
Seine Hände glitten über ihren Nacken, ihren Rücken und streiften dann auch
ihr Bikinihöschen runter.
"Dein heißer Körper macht mich noch verrückt," murmelte er.

Daniela schloß die Augen.
Sie wußte nicht, wie ihr geschah.
Aber sie war sehr froh, daß der Rausch der Sinne ihr die quälenden Gedanken nahm.
Die Gedanken an Stefan.
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Irgendeinem Paparazzi war es gelungen, einen Schnappschuß zu knipsen.
Von großen dicken Lettern als Überschrift umrahmt,
stand über dem Foto, daß das junge Hochzeitspaar in heftiger Umarmung zeigte:
BARONENPAAR SCHWER VERLIEBT AM MEER

Und Stefan, der dieses Blatt auch las, war es wieder, als ob jemand einen Dolch in sein Herz stechen würde.
Er nahm seine kleine Tochter auf den Arm und hielt sie lange fest.
Diese patschte ihm freudig ins Gesicht und brabbelte DADADA und lachte.
Sie wußte nicht, warum ihr Vater so traurig war.

Klara, die ins Zimmer trat, sah die Zeitung am Tisch liegen.
Obwohl sie von Daniela instruiert war im Gegensatz zu Stefan, starrte sie auch fassungslos auf das Foto.
Einerseits freute sie sich, daß es Danni scheinbar gut mit dem Baron ging.
Andererseits tat ihr Stefan furchtbar leid.

Sie ging zu ihm und Martina und strich ihm durchs Haar, wie sie es bei ihm schon getan hatte, als er noch ein kleiner Bub gewesen war.
"Ach Stefan, es ist keine leichte Zeit für dich, ich weiß. Junge, nimm es nicht so schwer.
Du mußt lernen, damit fertig zu werden, du hast ein kleines Mädchen, das dich braucht!"
"Ja, Klara, ich weiß,"murmelte er.
Sie sah ihn traurig lächelnd an.
So einen liebevollen Vater wie ihn gab es sicher höchst selten.
Dann ließ sie ihn mit Martina wieder alleine.
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Vier lange Jahre waren ins Land gezogen.
Daniela Baronin von Sanders hatte einem kleinen Buben das Leben geschenkt.
Man hatte ihn Viktor genannt und dieser hatte vor ein paar Tagen seinen zweiten Geburtstag gefeiert.
Es war ein großes Fest mit vielen Kindern und Attraktionen.

Nun saß Daniela in ihrem altrosa Salon.
Viktor hielt seinen Mittagsschlaf und sie hatte Zeit, über die letzten Jahre nachzudenken.
Trank eine Tasse Tee, nahm das ledergebundene geprägte dicke Fotoalbum zur Hand.

Ja, die Flitterwochen vergingen wie in einem Sinnlichkeitstaumel.
Sie erinnerte sich gerne zurück, es war eine Zeit, wo sie nicht viel zum Denken kam.
Auch nach ihrer Rückkehr auf Schloß Sanders nicht.
Der Baron verwöhnte sie und verbrachte soviel als möglich Zeit mit ihr.

Die Gedanken an Stefan aber waren nie verstummt, auch die Sehnsucht nach Martina nicht.
Hie und da traf sie sich nach wie vor heimlich mit ihr und Klara.
Eugen von Sanders hatte davon irgendwann Wind bekommen und sie nach dieser geheimnisvollen Frau und "ihrem" Kind gefragt und sie hatte ihm erklärt, daß das ihre Freundin sei.
Er lud Klara und die Kleine ins Schloß ein und Daniela blieb nichts anderes über, als darauf einzugehen.
Mußte sie doch sowieso ihre Mutterrolle Martina gegenüber verleugnen.
Es schnitt ihr jedesmal ins Herz, wenn Martina sie Tante nannte.
Aber im Grunde nannte sie auch Klara Tante, denn diese hatte ihr, der fast fünfjährigen, erklärt, daß die Mama ganz weit weg war, sie aber immer lieb haben würde.
Ja, Martina war ein großes Mädchen geworden und es gab Danni jedesmal einen Stich, wenn sie merkte, wieviel sie von ihrem Vater hatte.
Die lockigen Haare, welche mit zwei Zöpfen gebändigt wurden.
Ihre Art, zu lachen, zu schauen. Ja, sogar seine Ohren hatte sie.

Die junge Frau lächelte versonnen.
Ja, auch von Martina waren Fotos im Album.
Ihre Finger strichen zärtlich darüber.
'Meine Kleine!'
Ja, und da Viktor.
Als Baby, pausbäckig, dunkler Haarflaum.
Es war keine leichte Geburt gewesen, sie hatte stundenlang in den Wehen gelegen.
Und als das Kindlein dann endlich auf der Welt war, wußten sie, warum.
Er hatte beinahe vier Kilo gewogen.
Wieder mußte sie lächeln.
Das Stämmige war ihm geblieben, dem kleinen Baron.
Er war ein richtiger Lausbub und hatte sehr viel Charme.
Auch er hatte Dannis Augen, nur seine Haare waren blond.
Eugen hatte als kleiner Bub auch helle Haare, die erst später nachdunkelten.
Er war sehr stolz auf seinen Sohn.

Ja, Eugen.
Hier, am Foto, hielt er Viktor am Arm.
Bei der Taufe, Viki in einem alten Spitzenkleid, ein Kleid, in dem schon viele Sanders getauft wurden.
Taufpatin war die Tante von Eugen.

Eugen, ihr Mann.
Die erste Verliebtheit hatte sich gelegt.
Sein Verlangen nach ihr nicht.
Sie glaubte, daß er neben ihr nun wieder Freundinnen hatte.
Aber sie wußte es nicht, sie fragte ihn nicht, sie forschte auch nicht danach.
Sie wollte es nämlich gar nicht wissen.
Eifersucht, was Eugen anbelangte, kannte sie nicht.
Wenn sie ihn auch mochte, so liebte sie ihn nicht.
Er war in letzter Zeit viel auf Geschäftsreisen.
Was da war....wer weiß das schon, vielleicht war auch gar nichts.
Einzig seinen kühlen Ton, den er hie und da ihr gegenüber anwandte, den
mochte sie nicht.

Langeweile beherrschte Daniela von Sanders wieder, Tag für Tag, wie in ihrer
Jungmädchenzeit wurde ihr jeder Handgriff abgenommen.
Und natürlich hatte Viki auch ein Kindermädchen.
Jeder Wunsch wurde ihr erfüllt.
Ihre begehbare Garderobe war voll bestückt mit Designerkleidung, Schuhen, Taschen, Accessoires.
Ihre Schmuckschatullen gingen über, weil Eugen ihr von jeder Reise etwas Schönes mitbrachte.
Viel Geld, viel Reichtum umgab sie.
Liebe? Was empfand Eugen wirklich für sie?
Seine Aufmerksamkeit, sein Verlangen, seine Begierde, seine Sehnsucht nach ihr...war das Liebe?
Sie kannte eine andere Liebe.
Stefans Liebe.
Aber waren nicht alle Menschen verschieden?
Und mit ihnen vielleicht auch die Gefühle oder die Art, wie sie gezeigt wurden?
Vielleicht lag es auch an ihrer eigenen Leere, die sie empfand, daß sie sich einsam fühlte.
Ohne es wirklich zu sein.
Wären Viki und Martina nicht, sie wäre schon längst verzweifelt.

Sie lehnte sich zurück in ihrem Ohrensessel, schloß die Augen, lächelte.
'Nicht weinen, kleine Danni, ich will keine Tränen sehen!'
Fuhr sich über die Stirne, als ob sie damit störende Gedanken verscheuchen
könnte.
'Stefan, du geistert noch immer durch meinen Kopf, du bist noch immer in meinem Herzen.
Vielleicht bist du nun in einer dünkleren Ecke, aber du bist immer da. Und die Sehnsucht nach dir auch.'

Danni öffnete ihre Augen und sah aus dem geöffneten Fenster.
Der Spitzenvorhang bewegte sich leicht im Wind.

Hie und da war sie in Wien gewesen, zu Gast bei ihren Eltern, mit ihrem Mann.
Alleine niemals.
Was sollte sie da.
Es tat alles noch immer weh, auf Schritt und Tritt dachte sie, Stefan käme ihr entgegen.

Auch war sie selten, aber doch, nach Schloß Rangau gereist, aber sie blieb dort nie lange.
Zuviel Erinnerungen an Stefan Richter quälten sie auch dort.

Kurz nach ihrer Hochzeit hatte sie von Gina Lehners Verrat erfahren.
Ihre Mutter hatte es ihr erzählt.
Auch daß Gina einige Tage nach dem Besuch bei Tina tödlich mit ihrer Luxuslimousine, die sie von dem erpressten Geld gekauft hatte, verunglückt war.
Doch Baronin Daniela kannte keine Schadenfreude.
Dazu war das Schicksal von Gina Lehner zu tragisch.
Es hatte wohl alles so kommen müssen.

"Hallo, Daniela, ich bin wieder da!"
Sie schreckte aus ihren Gedanken hoch.
'Na, war er wiedermal da,' dachte sie mit einem Anflug eines spöttischen Lächelns um ihren Lippen.
Richtete ihr Haar, welches sie nun auf Wunsch ihres Gatten zu einem losen Knoten gekämmt trug.
Nachdem sie sich die Lippen rot nachgezogen hatte, lief sie eilig die marmornen Stiegen hinab.
"Hallo, Lieber!"rief sie lachend,"schön, daß du wieder da bist!"
Und er fing sie mit seinen starken Armen auf.
"Wie gehts meiner kleinen Frau?"
Er nahm ihr Gesicht in beide Hände, sah ihr in die Augen und küßte sie lange.
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Dienstag, 3. November 2009


Etwa eine Stunde später verließ Stefan das Etablissement.
Leichter Nieselregen hatte eingesetzt.
Er stellte seinen Jackenkragen hoch.
Es war schon relativ still geworden in der Großstadt.
Nur mehr einzelne Nachtbummler begegneten ihm oder es torkelten Betrunkene an ihm vorbei.
Lallten einen Gruß und taumelten weiter.....

Er sah dies alles nicht, nicht die Leuchtreklamen und nicht die vielen schönen Auslagen.
Der Alltag hatte ihn wieder, die Gedanken überfielen ihn ebenfalls.
Stefan blieb kurz stehen und schloß die Augen.
Spürte den Regen in seinem Gesicht, an seinen Lidern und es kam ihm vor, als wären es all die ungeweinten Tränen, die sich in seinem Herzen angesammelt hatten.

'Was hat mir das jetzt gebracht? Zugegeben, die eine Stunde Sex haben mich körperlich befriedigt.
Linda kennt die Geheimnisse der Sexspielchen nur zu gut und weiß, was sie tut.
Sie hofft, mich wiederzusehen....naja, vielleicht einmal.
Aber im Grunde fühle ich mich irgendwie schmutzig.
Und Daniela...Daniela werde ich auf diese Weise auch niemals vergessen.....'
Er atmete kurz tief durch, öffnete die Augen und beeilte sich, nach Hause zu kommen.

Er hatte nur mehr eine Hoffnung, ein Ziel: Martina.
Sie würde ihn ablenken, sie war seine Lebensaufgabe, für sie wollte er da sein.
Wenn sie nur schon in Wien bei ihm wäre...zumindest die EInsamkeit würde dann vorbei sein.....
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Wie konnte er ahnen, daß Martina auch ihrer Mutter Kraft gab.
So war die Tochter noch immer die Verbindung zwischen ihnen, wenn sie es auch nicht wußten.



Der Tag der Hochzeit näherte sich.
Daniela hatte sich durchgesetzt, es gab nur eine standesamtliche Trauung.
Eugen verstand das zwar nicht, aber schließlich beugte er sich ihrem Wunsche.

Die Vorbereitungen waren voll im Gange.
Daniela versuchte sich, damit abzulenken.
Gästelisten, Blumenschmuck, Menü festlegen, alles, alles, was dazu gehörte.

Auch hatte sie mit Klara telefoniert und erfahren, daß diese mit Martina kurz vor der Hochzeit
nach Wien ziehen würde.
EInmal sah sie ihre Kleine noch vor dem großen Tag, der ihr Leben verändern würde.
Dabei erzählte ihr Klara, wie froh Stefan war, sie beide bei sich zu haben.
Daß er so einsam war, so allein, bevor sie kamen.
Daß er jetzt nur mehr für sein Kind lebte.

Daniela hatte Martina im Arm gehalten, ihr Gesicht verborgen auf der kleinen Brust ihres Kindes, während Marti ihre Haare zerzupfte.
Sie hatte den feinen Babygeruch eingeatmet, den kleinen Körper gestreichelt und an den Mann gedacht,
den sie immer lieben würde und dem sie hatte so weh tun müssen.
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Das lange Spitzenkleid aus feinen weißen Brüsseler Spitzen umschmeichelte die hübsche Figur.
Ärmellos, darüber ein Bolerojäckchen aus dem selben Material, angesteckt eine wunderschöne weiße Rose.
Die dunklen langen Locken aufgesteckt zu einer kunstvollen Frisur.
Ein kleiner weißer Hut saß darauf und um ihn ein zarter kurzer Schleier.
Die Füße in weißen Lederpumps.
Leicht geschminkt, rosaroten Lippenstift an den Lippen.
Die langen Wimpern brauchten keine Tusche, sie umschmeichelten auch so die großen trauigen Augen.

Daniela besah sich im Spiegel wie eine Fremde.
War sie das wirklich?
Oder träumte sie gerade einen zweifellos schlechten Traum?
Es war ihr, als stünde sie neben sich, als sehe sie sich selber zu.
Wie sie gerade nervös an dem Kleid herumstrich.
Wie ihr Blick abwesend war und um ihren Mund ein kleines melancholischschweres Lächeln.
Und das Gesicht im Spiegel....so blaß....das war ihres?

Es klopfte an die Türe.
Sie wußte, das war ihr Bräutigam.

Der Mann, der sie gerne zur Frau nahm, der Mann, den sie freiwillig niemals
geheiratet hätte. Nicht mit dieser Liebe im Herzen.
Nicht mit dieser Lüge auf ihren Lippen.

Was nun kommen würde, das erschreckte und belastete sie sehr.
Das Zeremoniell, der Schwur, das Bewußtsein, nun ganz und gar seine Frau zu werden.

"Herein," rief sie widerwillig.
Eugen erschien und er sah sehr gut aus und wußte das auch.
Ein strahlendes siegessicheres Lächeln, ein Cut, ihm auf den Leib geschneidert, schwarze Lackschuhe und auch eine weiße Ansteckrose.
Im Arm hatte er ein Bouquet dunkelroter langstieliger Rosen, das er ihr mit einem Handkuß überreichte.
Wohlwollend, voller Stolz glitt sein Blick über die Gestalt seiner Braut.
WIe hübsch sie doch war.
"Komm', meine Schöne, unsere Gäste, deine Eltern und meine Tante...alle warten auf die schöne Braut!"
Er reichte ihr seinen Arm und unter dem Beifall der anwesenden prominenten Gästeschar
schritten sie die Treppe hinab.

In einem der vielen Säle vom Schloß wartete der Standesbeamte und nahm die Trauung vor.
Daniela war froh, daß sie nicht in der Kirche lügen und dort auch heiraten mußte.
Da war sie Eugen sehr dankbar.

Insgeheim hatte sie die irre Hoffnung, Stefan käme und rette und entführe sie.
Aber es half nichts, da mußte sie jetzt durch.
Ihre Eltern sahen voll Genugtuung auf die Tochter.

Dann kam der bewußte Kuß.....
Und sie mußte gehorchen und ihn erwidern.
Und ein bißchen die glückliche Braut spielen.

Die Pressefotografen blitzten, was das Zeug hielt.
Und sie wußte, daß auch Stefan diese Zeitungsfotos sehen würde.

Viele, viele Hände mußte sie drücken, die Tafel mit den Geschenke bestaunen.
Später dann dinnieren.
Und dann tanzen.

Irgendwann nahm Eugen sie an der Hand und führte sie nach draußen.
Zu ihrer Überraschung stand vor dem Schloß eine offene weißlackierte Kutsche, beleuchtet von den Kandelabern.

"Komm' Geliebte, ich habe eine Überraschung für dich!" rief er und nahm die sich Wehrende auf den Arm.
"Hoch, hurra, es lebe das Brautpaar!"
Viele Gäste waren ihnen nachgekommen.
Und bejubelten die kleine Szene.
Eugen trug seine leichte schöne Frau die Empore hinunter und hob sie in das Gefährt.
Stieg ihr nach, schloß die kleine Türe hinter sich.
"Ja, aber, Eugen, wohin...."
"Lass' dich überraschen, meine kleine Frau!"
Sie sah, daß Koffer gepackt waren und diese in einer zweiten Kutsche verstaut wurden.

"Komm', winken wir unseren Gästen noch einmal zu!"
Sie tat, wie ihr geheißen und winkte und Tränen liefen ihr urplötzlich aus den Augen.
Alle dachten, Tränen des Glücks.
Nur sie wußte es besser.

Dann setzten sie sich nebeneinander auf die Bank, er legte den Arm um ihre Schultern und die Fahrt mit den zwei weißen Rössern ging los.
Man brachte sie zur Ortsmitte, von da ging es mit der Limousine von Eugen von Sanders weiter Richtung Flughafen.
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Ein Privatflugzeug landete auf dem riesigen Flughafengelände, diesem entstiegen Eugen und Daniela von Sanders.
Sie fuhren zu einem feudalen Hotel, in dessen goldbestückter glänzender Halle ihnen der Empfangschef beflissen
entgegen eilte und dabei rief:" Eine Suite für Herrn Baron von Sanders und seine werte Gemahlin!! Ich begrüße sie auf das Herzlichste und fühle mich dabei sehr geehrt!"
Er verbeugte sich vor dem Paar und beauftrage dem Pagen, das Gepäck in die dessen Räumlichkeiten zu bringen.

Wenig später stand Daniela an der Brüstung der Terrasse, welche zu der Suite gehörte.
Ihr Blick schweifte über das nahe Meer, daß sie roch und dessen Wellenrauschen sie hörte.
Suchte irgendwo am Horizont einen Punkt, von dem sie dachte: 'Dort, dort hinten, irgendwo muß mein Wien sein...und Stefan.'

Was hatte sie doch Angst vor den Händen ihres nunmehrigen Mannes und seinen aufdringlichen Zärtlichkeiten, denen sie ab nun für immer ausgesetzt sein würde.
Wußte ja nicht, was da auf sie zukommen würde.

Sie merkte, daß er leise hinter sie trat.
Sein Tabakgeruch umwehte sie.
Es war ein sehr männlicher Geruch.

"Daniela, Geliebte," flüsterte Eugen und sie spürte seine sehnigen Hände auf ihren Hüften.
Leicht erschauernd ließ sie es geschehen.
"Endlich.....,"seine dunkle sonore Stimme erstarb und mit ihr der angefangene Satz.
Er drehte sie zu sich um und strich ihr zärtlich eine Haarsträhne, die ihr der laue WInd ins Gesicht geblasen hatte, aus der Stirn.

"Kleine Geliebte, du, solange hast du mich auf diesen Augenblick warten lassen!"
Und öffnete den Reißverschluß ihres Kleides und blickte ihr dabei tief in die Augen.
Nahm ihre Hände und küßte diese außen, dann innen, seine Küße gingen weiter ihre Arme hoch und er streifte ihr Kleid an ihren Schultern herunter.

Sie spürte seinen heißen Atem in ihrem Nacken.
Schloß die Augen.
Jetzt bloß nicht weinen.....und nicht nachdenken.....

Zu ihrem eigenen Erstaunen erfaßte sie nun eine leichte Erregung.
Auch ihr Körper verlangte nach Zärtlichkeit und vielleicht sogar Liebe, die sie sich von Eugen sehr erhoffte.

'Seine Hände...alles war anders als damals...in der Verlobungsnacht....nicht mehr denken..., nur fühlen....'
Einem Rausch gleich entglitten ihr ihre Gedanken....

Und er spürte, daß sie sich seinen Liebkosungen öffnete.
Lenkte sie ins Schlafzimmer zum großen Bett.

Wühlte durch ihr Haar, dessen Frisur sich schon längst aufgelöst hatte.
Küßte ihren Nacken und ihre Brust, zog ihr ihre zarten Dessous aus und ließ sich mit ihr
auf das große Himmelbett fallen und versank mit seiner jungen Frau in den Taumel grenzenloser Erregung und Leidenschaft.
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Fortsetzung folgt
(Foto: Gemälde von Degas)
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Stefan Richter widmete sein Leben nur seiner Arbeit.
Er kniete sich förmlich hinein, berauschte sich damit, um nicht der schieren
Verzweiflung anheim zu fallen, welche ihm immer dann befiel, wenn er alleine in seiner Wohnung war.
Hier erinnerte ihn alles an Daniela Martell.

So stand er wieder einmal gedankenverloren vor Dannis Foto.
EIgentlich hatte er es ja weggeräumt.
Aber hie und da holte er es aus der tiefsten Schublade wieder heraus.
Um stumme Zwiesprache damit zu halten.

'Danni, warum hast du das getan? Waren alle deine Worte Lügen? Ist dir das Materielle wirklich wichtiger als unsere Gefühle, als unser gemeinsames Leben und unsere Tochter?
Waren deine Liebesbeteuerungen auch nur Lügen?
War ich ein Spielball, ein Intermezzo, in deiner Welt? Was war ich für dich? Was bist du für mich? Soll ich dich hassen, für das, was du mir antust? Den Schmerz, der mein Herz zernagt? Und für das, was du unserem Kind antust, ihm die Mutter zu nehmen? Was soll ich Martina einmal erzählen? Ich weiß es ja selbst nicht. Alle meine Versuche, dich anzurufen, scheiterten an einer Mauer des Schweigens.
Und nun erfahre ich, daß du in ein paar Tagen heiratest.
Was soll ich da noch?! Ist ja klar, die Sache, du hast dich offenbar gegen mich entschieden.'
Tief seufzte er auf und fuhr sich nervös durch sein volles, dunkles Haar.
'Das Schlimme ist für mich, daß ich dich nicht vergessen kann. Deine Lippen, der Duft deines Haares, dein Lachen....'
Voll Wehmut sah er auf das Foto. Da lachte sie ihm entgegen in ihrer jugendlichen Heiter- und Fröhlichkeit.
Vor seinem inneren Auge sah er sie, wie er sie zum letzten Mal erblickte.
Klatschnass, lachend, winkend, scherzend.

'Warum nur, ich verstehe dich nicht. Du bist mit mir durch dick und dünn gegangen. Du hast mir deine Liebe gegeben, wie es schöner nicht sein konnte. Oder war es keine Liebe?'
Er schüttelte bitter lächelnd den Kopf.
Wußte es nicht.
Sein Gefühl sagte ihm,' ja, sie liebte dich', sein Verstand sagte ihm das Gegenteil.
'Wie soll sie dich geliebt haben, wenn sie so aprupt einen anderen, einen reichen Mann heiratet? Wie geht das?'

Stefan lief ins Vorzimmer, schloß die Türe auf und lief die Treppen hinunter.
Es war wie eine Flucht.
Er mußte hinaus, Luft holen, er hielt es alleine zu Hause nicht aus.
Wie Monster stürzten die Gedanken und Fragen auf ihn ein.
Stundenlang lief er durch die Wiener Stadt, wußte gar nicht, wo er war, kehrte schließlich in eine Bar ein.
Dunkles Licht empfing ihn, schwüle Luft und Stimmung.
Überall Separees. Dunkelroter Samt und Leder.

Wurscht, er wollte ja nur etwas trinken.
"Hallo, Süßer, fein, daß du gekommen bist. Darf ich mich zu dir setzen?"
Stefan wollte verneinen, da saß die auffällige Dame schon neben ihm.
"Bestellst du mir auch etwas zu trinken? Komm' Darling, ich weiß, wie ich dich ablenken kann."

Er wandte sein Gesicht in Richtung der jungen Frau. Falsche lange Wimpern umflorten die grünen Augen, ein etwas grell geschminkter Mund lachte ihn verlockend an.
Langes blondes Haar, es fiel fast bis zur Taille.
Er sah einen tiefen Ausschnitt und einen wohlgeformten Busen im rotem Spitzen-BH darunter.
Das Kleid war fast durchsichtig, geschlitzt bis zu den Oberschenkeln auf beiden Seiten, Netzstrümpfe, gehalten von roten Strapsen an straffen Beinen.
Sie rückte auf dem Barhocker näher an ihn heran und rieb ihren Schenkel wie zufällig an seinem Bein, ihr Fuß, in hohen Stöckelschuhen fuhr seine Wade hoch und wieder herunter.
"He, Fräulein, lassen sie das!"rief er.
Ne, das war es nicht, was er suchte, auch wenn er als Mann doch seine Leidenschaft spürte.
Ihre Hand, deren Fingernägel lang und rot lackiert waren, berührte seinen Unterarm.
"Hast du Sorgen, denkst du an eine andere?"
Auch wenn das alles nur Geschäft war, empfand es Stefan nun als Wohltat, daß ihn mal wer fragte, wie es ihm ginge.
Stumm nickte er und starrte in sein Whiskyglas.
"Willst du sie kurz vergessen? Mit deinen Gedanken ganz woanders sein? Dann komm' mit mir, Süßer."
Wiederum blickte er in die grünen unergründlichen Augen.
Sein Körper rief 'Ja!', sein Herz rief 'Nein!'.
Sie bemerkte sein Zögern.
"Lass' uns vorher noch etwas bestellen, ja?"
Sie schnippte mit den Fingern und die Bardame kam herbei.
"Miriam, bringe uns doch bitte einen Sekt und 2 Gläser, ja? Ich möchte gerne mit diesem Herrn anstossen!"
Miriam brachte das Bestellte auf einem silbernen Tablett, den Sekt im Kübel mit vielen Eiswürfeln darin.
"Wie heißt du eigentlich?" fragte die käufliche Dame mit Augenaufschlag.
"Stefan...und du?"
"Sag' Linda zu mir," gurrte sie zurück.
Er schenkte ihr und sich den Sekt ein und sie stiessen mit den Gläsern an.


Irgendwann, er wußte nicht, wie es geschah, landete er im Zimmer von Linda.
Auch hier war alles in Weinrot gehalten, selbst die schweren Vorhänge, welche nun zugezogen waren.
Das Bett sehr breit, ein Baldachin darüber und am Plafond von diesem ein Spiegel.

Im schwachen Lichtschein sah er Linda, diese saß am Bett und zog sich mit lasziven Bewegungen ganz langsam ihre Netzstrümpfe aus.
Er sah wohlgeformte nicht endenwollende Beine.

Einen Körper, der nur ihn wollte.
Sehnsuchtsvolle Blicke, Hände, die sich ihm entgegenstreckten.
Roch das süßlich-herbe Moschus, mit dem sie sich einparfurmiert hatte.

Eigentlich suchte er nicht Sex, sondern Liebe.
Aber manchmal gibt es Situationen im Leben, da nimmt man den Sex und denkt sich die Liebe dazu.
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Montag, 2. November 2009

Klara nahm Danielas Hand und drückte sie.
"Komm', gehen wir spazieren. Die frische Luft wird uns allen guttun!"
Sie bezahlte den Kaffee, den sie getrunken hatte und nickte der jungen Mutter zu, sie solle den Kinderwagen fahren.
So verliessen sie das Lokal und gingen einen Weg, der in einen Waldweg mündete.
Die kleine Martina schlief noch immer.
Die weite Reise hatte sie strapaziert und die vielen neuen Eindrücke.
Daniela blieb kurz stehen.
"Ich habe, ganz heimlich, Martina ein Jäckchen gestrickt," sprach sie und zog lächelnd aus ihrer Umhängetasche ein rosa Wolljäckchen.
Klara nahm es entgegen und meinte lobend:"Das hast du so schön getrickt, Danni, es wird der Kleinen gut passen. Wenn sie aufgewacht ist, probieren wir es ihr an, ja?"
Als wäre das ihr Stichwort, öffnete Martina die Augen.
Fasziniert sah Daniela, daß ihre Tochter tatsächlich ihre AUgen hatte.
Martina rieb sich die Äuglein und gähnte. Als sie Klara sah, lächelte sie.
Diese nahm sie aus dem Wagen und hielt sie kurz am Arm, bis die Kleine ihre Schlaftrunkenheit überwunden hatte.
Daniela sprach sie leise an und als ob sie es ahne, daß das ihre Mama war, lächelte Martina sie nun auch an. Danni hob die Arme und fragte:"Kommst du mal zu mir, Marti? Ja?"
Klara übergab das Baby seiner Mutter und sie gingen noch ein paar Schritte, da kamen sie zu einer Holzbank und setzten sich nieder.
Die junge Mutter hatte nur Augen für ihr Kind.
Klara zog ihr das alte Jäckchen aus und das Neue an.
"Schau, wie lieb es ihr paßt, Danni!"
"Ja, ich bin so froh. Ich wußte ja nicht, wie groß sie schon ist."
Die Kleine patschte mit ihren Händchen in ihrem Gesicht herum und lachte.

"Ich muß dir eine Neuigkeit erzählen, Daniela, und ich denke, daß sie sich freuen wird."
"Ja, Klara?" War ein bißchen schwierig zu sprechen, denn Martina versuchte, ihre Finger in Dannis Mund zu stecken.
"Stefan hat mich gestern, kurz vor meiner Abfahrt, angerufen."
Sie sah, wie Danni zusammenzuckte.
"Stefan?" "Ja. er hat erzählt, daß er jetzt eine Beförderung bekam und dementsprechend mehr verdiene.
In letzter Zeit hat er sich sehr in die Arbeit gekniet, war fast nicht mehr zu Hause. Wohl hat er sich damit von seinem Schmerz abgelenkt. Der Chef war sehr zufrieden mit ihm. Nun hat Stefan mich gebeten, mit Martina fix nach Wien zu ziehen, in seine Wohnung, die ja groß genug ist, wie du weißt."
Daniela Martell nickte. Sie mußte diese Neuigkeit erst verarbeiten.
"Das bedeutet, ich könnte Martina und dich nun öfters sehen?"
"Eigentlich ja, Danni. Aber, Kind, du mußt dir schon bewußt sein, daß ich Stefan belügen muß.
Und du den Baron." Die beiden Frauen sahen sich an und kamen sich wie Verschwörerinnen vor.
"Aber wenn die Umstände es nicht anders zulassen.....,"gab Daniela zu bedenken.
"Ich weiß gar nicht, mein Kind, was ich von der ganzen Sache halten soll. Ich bekomme das nicht aus meinem Kopf. Können deine Eltern wirklich Stefans Karriere und sein Berufsleben zerstören? Haben sie wirklich soviel Kompetenz, soviel Verbindungen?"
Die junge Frau nickte und lächelte bitter.
"Ja, Klara, das haben sie.Und sie würden aus Rache, daß ich ihren Ruf und ihren Namen beschmutze, zu diesem Mittel greifen, ganz sicher. Dafür würde schon meine Mutter sorgen. Außerdem haben sie angedroht, Stefan vor Gericht zu bringen. Wegen Verführung Minderjähriger.....und dich," sie hutschte ihre Kleine auf den Knien,"dich, meine Martina, wollen sie ins Heim stecken. Sie tolerieren JETZT, daß du für sie sorgst. Aber in dem anderen Fall würden sie von ihrer Vormundschaft über mich und damit auch über die Kleine sicher Gebrauch machen. SIe haben mir ja angedroht, Martina ins Heim zu stecken."
Bei dem Gedanken fing sie zu weinen an.
Das süße Baby guckte ihre Mama ganz groß an und Klara reichte ihr ein Taschentuch und streichelte sie voll Mitgefühl.
"Sowas Absurdes,"murmelte sie kopfschüttelnd.
"Ja, das ist es, und ich muß es ausbaden," schluchzte Daniela.
"Wie ist er denn so, der Baron, zu dir?"
"Nun, an und für sich weiß er sich zu benehmen, sagt, daß er in mich verliebt ist. Aber hie und da geht mit ihm die Leidenschaft durch und das macht mir Angst vor einem Zusammenleben, vor einer Heirat, vor den ehelichen Pflichten, die damit verbunden sind. Angst, immerzu nur an Stefan denken zu müssen. Angst, diesen ewigen Lügen und diesem Druck, nicht mit dem Mann zusammensein zu können, den ich wirklich liebe, standhalten zu können."
"Wie stellst du dir das dann vor, das Zusammenleben?"
"Klara, ich weiß es nicht. AUgen zu und durch, quasi. Vielleicht lerne ich Eugen zu lieben, zu achten. Ich weiß es wirklich nicht. Ich habe mir das ja nicht ausgesucht."
"Ja, da hast du schon recht, Kleines."
Klara saß gedankenverloren neben der jungen Frau.
Sie faßte das alles einfach nicht.
"Ja...und wie machen wir beide das nun?"
"Klara, auch ich kann dich unterstützen, finanziell. Wenn ich schon sonst nichts habe, aber ich habe genug Geld, welches ich monatlich von meinen Eltern erhalte. Das reicht für zwei, drei Personen."
"Das habe ich jetzt gar nicht gemeint,"erwiderte Klara etwas beleidigt und schüttelte wiederum ihren Kopf.
Daniela nahm ihre Hand und drückte sie.
"Klara, du darfst nicht eingeschnappt sein. Ich will ja nur das Beste für Marti und dich. Es soll euch an nichts mangeln." "Danke, Daniela, vielleicht komme ich mal darauf zurück, aber du mußt bedenken, ich müßte das wiederum Stefan erklären." Die junge Mutter nickte.
"Paß auf, verbleiben wir so. Du rufst mich nächste Woche an, dann werde ich schon Bescheid wissen, wann ich nach Wien ziehe mit der Kleinen. Ich muß ja in München erst alles dicht machen, bis es soweit ist."
"Ja, so machen wir das, Klara, ich danke dir sosehr für alles, was du für uns tust."
"Weißt du, Daniela, Stefan und du und auch Martina, ihr seid meine Familie. Meine Kinder. Und ich tue das gerne für euch. Und noch etwas. Seit ich zu eurem Leben gehöre, fühle ich mich nicht mehr einsam, habe ich eine Aufgabe, die mich sehr erfüllt. Wenn auch die Begleitumstände sehr traurige sind."
Martina war in Danielas Armen wieder eingeschlafen.
Selig sah sie auf ihr schlafendes Baby.
Ihr Kind. Stefan und ihr Kind, ein Teil von dem Mann, den sie sosehr liebte.
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Fortsetzung folgt

Sonntag, 1. November 2009

Es war über eine Woche später.
Das Ehepaar Martell war wieder zurück nach Wien gefahren, wußten sie doch die Tochter in guten Händen. Und es war für sie eine Beruhigung, daß Daniela Wort gehalten und sich mit dem Baron verlobt hatte.
Die Tage vergingen mit Ausritten am Vormittag für das Brautpaar und den Versuch, sich gegenseitig anzunähern.
Nach dem Mittagessen, welches für sie zunehmend eine Überwindung wurde, weil ihr Appetit zu wünschen ließ, hatte Daniela Zeit für sich.
Da ging Eugen seinen diversen Geschäften nach.
An so einem Nachmittag, einige Tage zuvor, hatte Daniela sich entschlossen, einen langen ausführlichen Brief an Klara zu schreiben.
Mit der Bitte, das alles zwischen ihnen beiden blieb.
Und dem Hinweis, daß sie versuchen würde, Tante Klara in den nächsten Tagen anzurufen.
Das mit dem Brief war schon ein ziemliches Risiko, das sie einzugehen sich lange überlegt hatte, und dann zum Entschluß kam, daß es nicht anders ging.
Aber versprochen hatte Danni ihren Eltern ja nur, Stefan nicht wiederzusehen.
Das Herz einer Mutter geht da eigene Wege.
Und die Sehnsucht nach ihrem Kind trieb sie zu diesem Schritt und so schummelte sie ihren frankierten Brief zu der abzusendenen Geschäftspost, welche an einem bestimmten Platz im Foyer zum Wegbringen auf die Post deponiert war.

EIner der Diener brachte die diversen Briefe am späten Nachmittag mit dem Wagen dorthin.

Aber ein Telefonat war schon weit gefährlicher, zumal sie nicht im Schloß anrufen konnte, denn die Gefahr, daß wer etwas mithören könnte, war sehr groß.
So schlich sich die junge Frau an einem dieser Sommernachmittage aus dem Schloß.
Sie wußte, daß beim Gestüt meist ein Rad stand und dieses lieh sie sich.
Und fuhr in den nächsten Ort.
Es war eine kleine Ortschaft, aber es gab dort eine Telefonzelle.
Aufatmend und sehr aufgeregt betrat sie die kleine Zelle und wählte die Telefonnummer von Klara  Moser. Extra hatte sie sich sehr viel Kleingeld mitgenommen und warf dauernd Münzen in den Geldschlitz ein.
"Hallo, hier Moser," meldete sich die bekannte Stimme und Danni zitterte am ganzen Körper.
"Hallo Klara, hier spricht Daniela,"kam es von ihren Lippen.
"Danni? Meine Güte, hallo, ich habe gestern deinen Brief erhalten. Und ich muß dir sagen, ich kann es immer noch nicht fassen! Wie kann so etwas in der heutigen Zeit noch passieren! Wir leben schließlich in den fünziger Jahren des 20.Jahrhunderts!"
"Klara....wie gehts meiner kleinen Martina?" "Ach, danke, sie macht täglich Fortschritte! Nun ist sie ja bald sechs Monate alt, sie mag sitzen, sie beginnt zu krabbeln, hat ihre ersten Zähnchen....."
Das Schluchzen von Daniela unterbrach ihre eifrigen Erzählungen.
"Oh, Danni, Kind...ich wollte, ich wäre bei dir und könnte dich trösten!"
"Das wäre auch mein Wunsch, das wäre so schön, Klara. Kannst du mich mit Martina nicht besuchen kommen? Ich könnte ja erzählen, daß du eine Freundin mit Kind bist, was ja zum Teil stimmt. Bitte!"
"Wollen würde ich ja schon, Kind, aber riskierst du da nicht viel? Stell' dir vor, das kommt heraus, wer Martina wirklich ist."
"Das will ich riskieren, Klara. Ich halte die Sehnsucht nach Martina nicht mehr aus.Bitte, bitte, tue etwas! Mach' mir den Gefallen!" Wieder fing sie zu weinen an.
"Muß ich schon Stefan vermissen und ihm weh tun....."
"Daniela, er ist außer sich vor Schmerz. Für ihn ist eine Welt zusammen gebrochen. Er weiß nicht mehr, was er glauben soll. Und ob du je für ihn etwas empfunden hast. Als er die Verlobungsgeschichte in der Zeitung gelesen hatte, rief er mich sofort an. Er war und ist so verzweifelt."
"Ich liebe ihn, Klara, ich werde ihm immer lieben, egal was passiert!"
"Ich weiß das ja, Kind, aber er nicht. Und ich darf es ihm ja nicht erklären."
"Klara, bitte, komm', bitte, ich schaffe es sonst nicht!"
"Also gut, wie du meinst. Ich werde in zwei Tagen bei dir sein, bitte reserviere ein Zimmer für Martina und mich in einem Gasthof in deiner Nähe. Und rufe mich morgen noch einmal an, damit ich weiß, wo ich hinfahren muß. Ich werde mit dem Zug kommen und dann versuchen, mit dem Taxi bis zu dem Ort, wo die Gastwirtschaft ist, zu fahren. Ist dir das recht?" Daniela warf die letzte Münze ein. "Ja, so machen wir das. Kuß an Martina, danke, ich muß Schluß...."KLICK. Ende der Verbindung.
Sie legte den Hörer auf die Gabel.
Und wußte momentan nicht, ob die Freude oder die Sorge oder die Angst überwog.
Schloß die Augen, atmete tief ein.
FUhr sich mit den Händen über das verweinte Gesicht.
Stand da, in der Telefonzelle, wie vom Donner gerührt.
Dann wandte sie sich um, öffnete die Türe, setzte sich auf das Rad und fuhr zur nächsten Pension, um ein Zimmer für Klara und Martina zu bestellen.
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Am nächsten Tag dasselbe Spielchen.
Rad genommen, zur Telefonkabine gefahren, Klara angerufen.
Termin vereinbart.
Als sie mit dem Rad zurückkam, begegnete sie Eugen.
"Du fährst Rad, Daniela? Wo bist du denn gewesen?"
"Ich war in der Ortschaft, Eugen. Habe mir die Gegend angesehen, die ich vom Pferd her nicht kenne."
Er sah sie forschend an, sah den seltsamen Blick, der ihn nicht mehr verwunderte.
Nur heute war da ein kleines Leuchten dabei.
Ihre Wangen waren rot von der Anstrengung und sie war etwas atemlos.
Die weiße Bluse, deren erste Knöpfe nicht geschlossen waren und ihren Busen erahnen liessen und die Röhrenjeans liessen sie so herrlich jung aussehen, was sie auch war.Um den Haaransatz hatte sie ein rotes Tuch mit weissen Punkten gebunden.
Und um ihre roten Lippen war ein Lächeln, das er nicht zu deuten wußte.
Sein Blick streifte über ihre schlanken wohlgeformten Beine zu den hübschen roten Sandalen an ihren kleinen Füßen. Die Zehennägel hatte sie rot lackiert.
EIn leises Seufzen drang aus seinem Mund.
"Eugen?"
"Ach entschuldige. Es tut mir leid, daß ich nicht den ganzen Tag Zeit für dich habe.
Andererseits bin ich sehr froh, wenn du dir so nett diese vertreibst. Gehst du heute abend mit mir ins Kino?"
Erfreut nickte sie. Abwechslung tat gut.
"Ja, gerne, ich freue mich."
"Wir sehen uns beim Abendessen wie immer, meine kleine Braut,"sprach er und gab ihr einen kleinen Kuß auf die Stirne, berührte kurz ihre Arme mit beiden Händen und spürte sein Leidenschaft wieder hoch steigen.
Rasch wandte er sich ab, um sich seinen Geschäftsangelegenheiten zu widmen.
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Wieder einen Tag später.
Daniela konnte es fast nicht erwarten, bis es nachmittag war.
Sie hatte sich mit Klara um drei Uhr verabredet und fast schaffte sie es nicht, pünktlich zu sein, weil ausgerechnet heute Eugen länger mit ihr plaudern wollte.
Atemlos kam sie in der kleinen Pension an.
Sie öffnete die Gastwirtschaftstüre und sogleich sah sie Klara Moser mit dem Kinderwagen.
Besonders schwer fiel es ihr, nicht sogleich auf das Baby, das ihr Kind war, loszustürzen und es in die Arme zu nehmen.
Sie mußte so tun, als wäre sie nur eine Freundin oder Tante der Kleinen.
Denn sie durfte nicht riskieren, daß das Dorfgetratsche bis zum Baron drang.
"Klara!"
Diese erhob sich und ging Daniela Martell ein paar Schritte entgegen.
Sie umarmten sich und lange hielt Klara die junge Frau in ihren Armen.
Nahm dann ihr Gesicht in beide Hände.
"Mädchen, was sind das für abstruse Geschichten!?"
Sie setzten sich zum Tisch.
Daniela hatte nun nur mehr Blicke für ihre Martina, die im Kinderwagen friedlich schlummerte.
Es war ein tiefer Wagen, wie zu dieser Zeit üblich, ein Korbwagen.
"Martina,"flüsterte sie und Tränen liefen aus ihren Augen.

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Fortsetzung folgt
Ein neuer Tag brach an.
Daniela hatte sehr unruhig geschlafen. Wilde Träume quälten sie. Stefan, Eugen, Martina....ihre ELtern...alles gemischt und durcheinander.....
Deshalb wachte sie schon sehr zeitig auf.
Nun stand sie traurig und gedankenverloren an einem der hohen Fenster.
Ihr Gesicht legte sie an die Spitzenstores...sie dufteten frisch gewaschen...
'Wie soll das nur weitergehen, wie soll ich das durchstehen?'dachte sie voll Bangigkeit.
'Mein Leben...mein künftiges Leben...ohne die Menschen, die ich am meisten liebe...mein Kind und Stefan...Warum kann ich nicht selbst bestimmen, was ich will? Warum muß ich mich ...ja..verkaufen lassen. Nur, weil ich nicht volljährig bin....ach Stefan, ich liebe dich sosehr....'
Da rannen wieder Tränen über ihr Gesicht.
Der Gedanke an ihren zukünftigen Mann .....
'Eugen von Sanders, du hast versprochen, mir Zeit zu geben....warum hältst du dein Versprechen nicht? War es nur der Alkohol oder bist du ein so unverläßlicher Mensch? Wie soll ich dir glauben, daß du mich liebst.....'
Sie wischte sich die Tränen ab, zog ihren Morgenmantel an und schlich die Marmortreppe leise hinunter.
Im Foyer lag die Morgenzeitung.
Diese nahm sie sich mit in ihre Suite.
Sie schlug die Gazette auf...und erschrak.

Im Gesellschaftsteil stand in dicken fetten Lettern als Überschrift:
'Eugen Baron von Sanders, der millionenschwere Playboy und Adelige, hat sich verliebt und verlobt!

Schlechte Nachrichten für die Damenwelt:
Der Baron kommt unter die Haube!
Seine Braut heißt Daniela Martell, der Vater Eigentümer der berühmten Martell-Werke ist.
Man kann also zu dieser Verbindung gratulieren.
Die Hochzeit wird in einem Monat......stattfinden......'

Daniela ließ die Zeitung zu Boden fallen.
Sie schlang ihre Hände zusammen, faltete sie voll Nervosität.

'Meine Güte, wie haben die das so schnell erfahren...und...was wird sich Stefan denken, wenn er das lesen muß?
Er wird aus allen Wolken fallen!!!!!'

Sie ließ sich auf das Bett fallen.
Saß dort wie ein Häuflein Elend.
Jetzt, wo sie es schwarz auf weiß las, kam ihr der Umfang dieser Entscheidung wieder voll und ganz ins Bewußtsein.
Es war klar, ihr Leben würde ein ganz anderes sein.
Und war sie früher der Vogel im goldenen Käfig ihrer Eltern, so vertauschte sie nun diesen
gegen den ihres künftigen Ehemannes.
Und ihr Kind, ihre Martina.
Sie wußte, daß Stefan der Vormund der Kleinen war, so, wie es in dieser Zeit üblich war.
Und sie wußte, daß er sich um sie gut kümmern würde.
Aber, was würde er ihrem Kind über sie erzählen?
Daß sie ihre Liebe wegen Geld verraten hatte?

"Ach Stefan, Stefan...."stammelte sie.
Keiner konnte ihre Verzweiflung nachvollziehen.
Und niemanden konnte sie sich wirklich anvertrauen.
Sie fühlte sich unendlich alleine.

Da klopfte es an der Türe.
"Ja, bitte?"
Eugen von Sanders betrat den Salon.
Im Gegensatz zu seinem letzten Besuch wirkte er aber nun wie ausgewechselt.

Er ging zu Daniela, die noch immer auf ihrem Bett saß und plötzlich kniete er vor ihr nieder.
Nahm ihre zitternden Hände und küßte sie innen und außen.
"Bitte, verzeih mir, ich war in der Nacht nicht bei Sinnen. Ich habe mich so nach dir verzehrt, aber ich weiß, daß ich mich noch beherrschen muß. Auch wenn es keine Entschuldigung ist....aber der Alkohol hat mich völlig enthemmt. So habe ich auch mein Versprechen vergessen.Bitte, nimm meine Worte
als Entschuldigung an."
Er sah ihr bittend ins Gesicht.
Daniela wußte nicht, wie ihr geschah.
Heute so, morgen so....wer war Eugen wirklich?
"Ja, EUgen, ich verzeihe dir, aber vergessen kann ich das nicht...so schnell...das mußt du verstehen.
Du hast mich sehr erschreckt und auch enttäuscht!"
Er erhob sich und setzte sich neben sie, die unwillkürlich ein Stück wegrückte.
"Ich habe dein Vertrauen mißbraucht, ich weiß. Aber mehr als entschuldigen kann ich mich nicht."
 "Doch, Eugen, du mußt dich ändern, wenn wir beide gut miteinander auskommen sollen."
Er stand auf und zog sie auch hoch.
"Du wirst sehen, ich werde mich nach dir richten, Daniela. Ich habe mich wirklich sehr verliebt in dich."
Wieder nahm er ihre Hände.
"Verlieben allein reicht nicht aus, Eugen, du mußt mich auch als Mensch respektieren."
Er gab ihr einen Handkuß und zog sie dann vorsichtig zu sich heran.
Bemerkte ihr Zaudern und leichtes Sträuben, war aber froh, daß sie es erlaubte.
Sanft legte er ihren Kopf an seine Schulter und streichelte über ihr Haar.
"Ich werde mich bessern, du wirst sehen."

Da sah er die Zeitung am Boden liegen.
Hob sie auf, las, und ein Strahlen ging über sein Gesicht.
"Hast du gelesen, Daniela? Unsere Verlobung?"
"Ja, Eugen, habe ich."
"Freust du dich auch?"
Was sollte sie schon sagen.
"Ja, Eugen."
Doch ihr Blick war abwesend so wie ihre Gedanken.
Sie waren bei dem geliebten Mann und dem Schmerz, dem sie ihn nun zufügte.
Zufügen mußte.
Und der Endgültigkeit dieser Entscheidung.
Endgültig.
Hart und ihr Leben umfassend.
Schwer und schmerzlich.
Woher die Kraft nehmen, das alles durchzustehen?
Nur die Angst um Stefans Leben und ihre Liebe zu ihm waren die Antriebskraft,
sich in das Unvermeidliche, das ihre Eltern ihr aufdoktrierten, zu fügen und zu versuchen,
es durchzustehen.

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Fortsetzung folgt

Mittwoch, 28. Oktober 2009

Soeben wollte sich Daniela ihr duftiges Negligeè anziehen, da klopfte es an die Suitetüre.
In dem Glauben, es sei das Dienstmädchen, welches ihr noch Tee bringen sollte, rief sie:"Kommen sie herein, Millie!"
Die Türe öffnete sich, aber in ihr stand nicht die Angestellte, sondern Baron Eugen von Sanders, in der Hand die Tasse mit dem dampfenden Getränk.
Dieser trat nun mit einem etwas belustigtem Grinsen in den Salon, stellte das Rosentäßchen  auf den kleinen Tisch und schritt auf die erschrockene und schreckensbleiche Danni zu.
"Ich bringe dir etwas heißes....und...liebe Dani, es ist nicht nur heißer Tee..."
Sie schrie auf und riß sich das Nachthemd vor die Brust, was nicht viel nützte, denn dieses war durchsichtig.
"Was...was willst du hier?" kam es spröde von ihren Lippen.
"Heute nacht, meine kleine Braut, da bin ich in Stimmung....wenn mein Herz so laut pocht, dann nur wegen dir, meine Kleine!"rief er und seine Blicke waren mehr als begehrlich.
Er legte seine Hände um ihre nackte Taille und wollte sie an sich ziehen.
"Darum will ich dich, kleine Braut," flüsterte er mit bebender Stimme und sie spürte seinen heißen Atem in ihrem Nacken.
Da stieß sie ihn von sich, zornig leuchteten die schönen Augen, sie sprühten wahre Feuerwerke, gemischt aus hellster Empörung, Zorn, Verachtung und auch Angst.
Das dünne Etwas von Nachtbekleidung war ihr entglitten und lag nun zu ihren Füßen und sie spürte seine sehnsuchtsvollen Blicke auf ihrem jungen Körper.
"Du bist verrückt geworden! Geh'...geh' sofort, auf der Stelle, oder ich schreie!"
Er machte ein paar Schritte zurück.......es schien, als überlege er.
"Eugen, bitte!"
Noch immer stand er mitten im Raum und sah sie begehrend an, der Alkohol der letzten Stunden machte ihn mutiger gegen jede Vernunft.
Gerade wollte er wieder zu ihr gehen.....
Da nahm sie das nächstbeste Porzellanstück, es war ihr egal in ihrer Rage, was es war, und wollte es gegen ihn werfen.
Mit einem Schritt war er bei ihr und riß ihr die Vase aus der Hand.
"Kleine Wildkatze!"
Sie sträubte sich und stemmte sich gegen ihn, doch er preßte sie an sich und küßte sie voll Leidenschaft.
Überall spürte sie plötzlich seine Hände, sie wühlten in ihrem Haar, sie strichen über ihren Rücken, ihr Hinterteil, ihre Brust, ihren Bauch, tiefer.....
"Laß' mich, laß' mich los, aber sofort, hörst du?!"
Da ließ er plötzlich, wie ernüchtert, von ihr ab und schritt zur Türe.
Knapp davor wandte er sich noch einmal zu ihr um, fuhr sich durch die Haare.
"Du gehörst mir, verstanden?"rief er und dann sprach er leise, warnend und fest zugleich:
"Hab' ich dich erschreckt, kleine Braut? Mach'  dir nichts daraus, ich bin nun einmal ein Mann wie ein Vulkan, der ausbricht und erlischt in kürzester Zeit. Ich begehre dich zur Frau, du herrliches Weib, mit jeder Faser meines Körpers und meines Herzens. Und deshalb wirst du auch Mein. Ich spüre, daß du Mein wirst - ich weiß es! Auch wenn es da etwas gibt, daß dich von mir trennt - momentan. Ich werde das, was auch immer es ist, mit meiner heißen Liebe löschen, glaube mir! Du braucht nicht prüde sein...aber wie du willst...spätestens in der Hochzeitsnacht werde ich dir alles geben, was ich habe...mich, meine Liebe, mein Schloß ...alles, kleine Wildkatze, und alles möchte ich auch von dir bekommen. Schlaf' gut!"
Er schickte ihr eine Kußhand zu, zwinkerte und fügte noch hinzu:" Und träum' von mir!"
Dann fiel die Türe hinter ihm ins Schloss.
Rasch lief sie hin, versperrte diese und eilte in ihr Schlafzimmer, warf sich schluchzend auf ihr Bett.
Das weiche Bettzeug nahm sie wie einst der Liebste auf in seiner Weichheit. Sie kuschelte sich hin und war kurze Zeit später vor Erschöpfung eingeschlafen.
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Fortsetzung folgt