Mittwoch, 4. November 2009


(Fotoquelle Pixelio)

Flitterwochen am Meer.
Sonne pur, Sand und Strand.
Luxus.
Swimmingpool, stete diskrete Bedienung und Diskretion.

Und ganz besonders für ein junges Hochzeitspaar.
Daß dieses einen ganzen Tag seine Räumlichkeiten nicht verließ,
war für das Personal schon fast eine Selbstverständlichkeit.
Man bediente in der Suite, sah nichts, hörte nichts.
Wie die berühmten drei Affen:
Nichts sehen, nichts hören, nichts sprechen.

Eugen hatte das Bedürfnis, all das nachzuholen, was ihm Daniela so lange
verwehrt hatte.
Und er fragte auch nicht nach, wer der Mann vor ihm war, warum sie nicht jungfräulich die Ehe eingegangen war.
Er war schwer verliebt und berauscht von ihrer Sinnlichkeit.
Bekam nicht genug.
Daniela ging darauf ein und irgendwie genoß sie es, derart begehrt zu werden.

Und später das Meer, daß sie schon als Kind sehr liebte.
Man fuhr mit einem schnittigen Motorboot hinaus.

Oder mit der Motorjacht eines Bekannten.

Daniela lag an Deck und sonnte sich.
Sie hatte einen knappen Bikini an, der damals, in den fünfziger Jahren, was völlig Neues war.
Eugen hatte ihr ein paar davon gekauft und genoß den Anblick seiner jungen Frau.

"Meine süße kleine Frau, darf ich dich eincremen?
Komm', ich will nicht, daß dein schöner Körper einen Sonnenbrand abbekommt."
Stand vor ihr mit einer Flasche Sonnenöl, sah sie besorgt-begehrlich an.
Der große Mann wirkte fast wie ein kleiner Junge, der über sechs Ecken doch zu dem kommt, was er gerne hätte.

Sie blinzelte hinter ihrer Sonnenbrille hervor und streifte bereitswillig die Träger von ihren braunen Schultern.

"Hier sind wir ganz allein, Liebste. Schau, weit und breit kein Boot. Kein Mensch, der uns beobachten könnte....."
Er näherte sich ihr und beugte sich über sie, löste den Oberteilverschluß.
Das knappe Teil fiel zu Boden.
Er rieb seine Hände mit dem fetten Öl ein, um dann sanft damit ihren Körper einzuölen.
Es war fast wie eine zärtliche Massage.

Sie setzte sich auf und er zog sie zu sich heran.
"Geliebte, du,"hauchte er ihr ins Ohr, heiser vor Erregung.
Seine Hände glitten über ihren Nacken, ihren Rücken und streiften dann auch
ihr Bikinihöschen runter.
"Dein heißer Körper macht mich noch verrückt," murmelte er.

Daniela schloß die Augen.
Sie wußte nicht, wie ihr geschah.
Aber sie war sehr froh, daß der Rausch der Sinne ihr die quälenden Gedanken nahm.
Die Gedanken an Stefan.
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Irgendeinem Paparazzi war es gelungen, einen Schnappschuß zu knipsen.
Von großen dicken Lettern als Überschrift umrahmt,
stand über dem Foto, daß das junge Hochzeitspaar in heftiger Umarmung zeigte:
BARONENPAAR SCHWER VERLIEBT AM MEER

Und Stefan, der dieses Blatt auch las, war es wieder, als ob jemand einen Dolch in sein Herz stechen würde.
Er nahm seine kleine Tochter auf den Arm und hielt sie lange fest.
Diese patschte ihm freudig ins Gesicht und brabbelte DADADA und lachte.
Sie wußte nicht, warum ihr Vater so traurig war.

Klara, die ins Zimmer trat, sah die Zeitung am Tisch liegen.
Obwohl sie von Daniela instruiert war im Gegensatz zu Stefan, starrte sie auch fassungslos auf das Foto.
Einerseits freute sie sich, daß es Danni scheinbar gut mit dem Baron ging.
Andererseits tat ihr Stefan furchtbar leid.

Sie ging zu ihm und Martina und strich ihm durchs Haar, wie sie es bei ihm schon getan hatte, als er noch ein kleiner Bub gewesen war.
"Ach Stefan, es ist keine leichte Zeit für dich, ich weiß. Junge, nimm es nicht so schwer.
Du mußt lernen, damit fertig zu werden, du hast ein kleines Mädchen, das dich braucht!"
"Ja, Klara, ich weiß,"murmelte er.
Sie sah ihn traurig lächelnd an.
So einen liebevollen Vater wie ihn gab es sicher höchst selten.
Dann ließ sie ihn mit Martina wieder alleine.
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Vier lange Jahre waren ins Land gezogen.
Daniela Baronin von Sanders hatte einem kleinen Buben das Leben geschenkt.
Man hatte ihn Viktor genannt und dieser hatte vor ein paar Tagen seinen zweiten Geburtstag gefeiert.
Es war ein großes Fest mit vielen Kindern und Attraktionen.

Nun saß Daniela in ihrem altrosa Salon.
Viktor hielt seinen Mittagsschlaf und sie hatte Zeit, über die letzten Jahre nachzudenken.
Trank eine Tasse Tee, nahm das ledergebundene geprägte dicke Fotoalbum zur Hand.

Ja, die Flitterwochen vergingen wie in einem Sinnlichkeitstaumel.
Sie erinnerte sich gerne zurück, es war eine Zeit, wo sie nicht viel zum Denken kam.
Auch nach ihrer Rückkehr auf Schloß Sanders nicht.
Der Baron verwöhnte sie und verbrachte soviel als möglich Zeit mit ihr.

Die Gedanken an Stefan aber waren nie verstummt, auch die Sehnsucht nach Martina nicht.
Hie und da traf sie sich nach wie vor heimlich mit ihr und Klara.
Eugen von Sanders hatte davon irgendwann Wind bekommen und sie nach dieser geheimnisvollen Frau und "ihrem" Kind gefragt und sie hatte ihm erklärt, daß das ihre Freundin sei.
Er lud Klara und die Kleine ins Schloß ein und Daniela blieb nichts anderes über, als darauf einzugehen.
Mußte sie doch sowieso ihre Mutterrolle Martina gegenüber verleugnen.
Es schnitt ihr jedesmal ins Herz, wenn Martina sie Tante nannte.
Aber im Grunde nannte sie auch Klara Tante, denn diese hatte ihr, der fast fünfjährigen, erklärt, daß die Mama ganz weit weg war, sie aber immer lieb haben würde.
Ja, Martina war ein großes Mädchen geworden und es gab Danni jedesmal einen Stich, wenn sie merkte, wieviel sie von ihrem Vater hatte.
Die lockigen Haare, welche mit zwei Zöpfen gebändigt wurden.
Ihre Art, zu lachen, zu schauen. Ja, sogar seine Ohren hatte sie.

Die junge Frau lächelte versonnen.
Ja, auch von Martina waren Fotos im Album.
Ihre Finger strichen zärtlich darüber.
'Meine Kleine!'
Ja, und da Viktor.
Als Baby, pausbäckig, dunkler Haarflaum.
Es war keine leichte Geburt gewesen, sie hatte stundenlang in den Wehen gelegen.
Und als das Kindlein dann endlich auf der Welt war, wußten sie, warum.
Er hatte beinahe vier Kilo gewogen.
Wieder mußte sie lächeln.
Das Stämmige war ihm geblieben, dem kleinen Baron.
Er war ein richtiger Lausbub und hatte sehr viel Charme.
Auch er hatte Dannis Augen, nur seine Haare waren blond.
Eugen hatte als kleiner Bub auch helle Haare, die erst später nachdunkelten.
Er war sehr stolz auf seinen Sohn.

Ja, Eugen.
Hier, am Foto, hielt er Viktor am Arm.
Bei der Taufe, Viki in einem alten Spitzenkleid, ein Kleid, in dem schon viele Sanders getauft wurden.
Taufpatin war die Tante von Eugen.

Eugen, ihr Mann.
Die erste Verliebtheit hatte sich gelegt.
Sein Verlangen nach ihr nicht.
Sie glaubte, daß er neben ihr nun wieder Freundinnen hatte.
Aber sie wußte es nicht, sie fragte ihn nicht, sie forschte auch nicht danach.
Sie wollte es nämlich gar nicht wissen.
Eifersucht, was Eugen anbelangte, kannte sie nicht.
Wenn sie ihn auch mochte, so liebte sie ihn nicht.
Er war in letzter Zeit viel auf Geschäftsreisen.
Was da war....wer weiß das schon, vielleicht war auch gar nichts.
Einzig seinen kühlen Ton, den er hie und da ihr gegenüber anwandte, den
mochte sie nicht.

Langeweile beherrschte Daniela von Sanders wieder, Tag für Tag, wie in ihrer
Jungmädchenzeit wurde ihr jeder Handgriff abgenommen.
Und natürlich hatte Viki auch ein Kindermädchen.
Jeder Wunsch wurde ihr erfüllt.
Ihre begehbare Garderobe war voll bestückt mit Designerkleidung, Schuhen, Taschen, Accessoires.
Ihre Schmuckschatullen gingen über, weil Eugen ihr von jeder Reise etwas Schönes mitbrachte.
Viel Geld, viel Reichtum umgab sie.
Liebe? Was empfand Eugen wirklich für sie?
Seine Aufmerksamkeit, sein Verlangen, seine Begierde, seine Sehnsucht nach ihr...war das Liebe?
Sie kannte eine andere Liebe.
Stefans Liebe.
Aber waren nicht alle Menschen verschieden?
Und mit ihnen vielleicht auch die Gefühle oder die Art, wie sie gezeigt wurden?
Vielleicht lag es auch an ihrer eigenen Leere, die sie empfand, daß sie sich einsam fühlte.
Ohne es wirklich zu sein.
Wären Viki und Martina nicht, sie wäre schon längst verzweifelt.

Sie lehnte sich zurück in ihrem Ohrensessel, schloß die Augen, lächelte.
'Nicht weinen, kleine Danni, ich will keine Tränen sehen!'
Fuhr sich über die Stirne, als ob sie damit störende Gedanken verscheuchen
könnte.
'Stefan, du geistert noch immer durch meinen Kopf, du bist noch immer in meinem Herzen.
Vielleicht bist du nun in einer dünkleren Ecke, aber du bist immer da. Und die Sehnsucht nach dir auch.'

Danni öffnete ihre Augen und sah aus dem geöffneten Fenster.
Der Spitzenvorhang bewegte sich leicht im Wind.

Hie und da war sie in Wien gewesen, zu Gast bei ihren Eltern, mit ihrem Mann.
Alleine niemals.
Was sollte sie da.
Es tat alles noch immer weh, auf Schritt und Tritt dachte sie, Stefan käme ihr entgegen.

Auch war sie selten, aber doch, nach Schloß Rangau gereist, aber sie blieb dort nie lange.
Zuviel Erinnerungen an Stefan Richter quälten sie auch dort.

Kurz nach ihrer Hochzeit hatte sie von Gina Lehners Verrat erfahren.
Ihre Mutter hatte es ihr erzählt.
Auch daß Gina einige Tage nach dem Besuch bei Tina tödlich mit ihrer Luxuslimousine, die sie von dem erpressten Geld gekauft hatte, verunglückt war.
Doch Baronin Daniela kannte keine Schadenfreude.
Dazu war das Schicksal von Gina Lehner zu tragisch.
Es hatte wohl alles so kommen müssen.

"Hallo, Daniela, ich bin wieder da!"
Sie schreckte aus ihren Gedanken hoch.
'Na, war er wiedermal da,' dachte sie mit einem Anflug eines spöttischen Lächelns um ihren Lippen.
Richtete ihr Haar, welches sie nun auf Wunsch ihres Gatten zu einem losen Knoten gekämmt trug.
Nachdem sie sich die Lippen rot nachgezogen hatte, lief sie eilig die marmornen Stiegen hinab.
"Hallo, Lieber!"rief sie lachend,"schön, daß du wieder da bist!"
Und er fing sie mit seinen starken Armen auf.
"Wie gehts meiner kleinen Frau?"
Er nahm ihr Gesicht in beide Hände, sah ihr in die Augen und küßte sie lange.
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1 Kommentar:

  1. Den Satz: Ihre Garderobe bestand aus mehreren Schränken. - würde ich verändern, ich weiß wie du es meinst, aber Schränke kann man nicht anziehen...

    Viele Schränke waren mit ihrer Garderobe gefüllt....oder so ähnlich halt...

    herzlichst, Rachel

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