Sonntag, 30. August 2009

Es war einige Tage später.
Sonnenstrahlen fielen auf Dannis Nasenspitze, langsam öffnete sie
die Augen.
Helles Sonnenlicht flutete den in Pastellfarben gehaltenen Raum.
Danni hätte gerne noch weiter geschlafen, aber nun war sie mal
wachen, die Sonne schien.....
Was sollte sie mit dem Tag anfangen?
Er würde genauso werden wie jeder andere!
Die Eltern hatten ihr verboten, einen "bürgerlichen" Beruf
nachzugehen und so wußte sie den lieben langen Tag nichts
mit sich anzufangen.
Nur der alten Köchin Lotte half sie manchmal beim Kochen, wenn
die Mutter nicht zu Hause war.
Tja, die Eltern durften es keineswegs erfahren.
So etwas gehört sich nicht für eine Martell!
Seufzend setzte sie sich auf.
Nein, mit solch jämmerlichen Gedanken konnte sie nicht
weiterschlafen!
Sie schlüpfte in die rosa Pantöffelchen und in den seidenen
bodenlangen Morgenmantel, einer von vielen, ihr "Lieblings-
morgenmantel".
Er hatte sogar eine Schleppe.
Sie setzte sich vor den weißen Schminktisch und betrachtete
sich skeptisch im Spiegel.
Die großen blauen Augen, umrahmt von sanften Wimpernbogen, die 
kleine Nase, die geschwungenen roten Lippen, ihr
schönes Haar.
All das, schien es, wartete nur auf den Traumprinzen,
der auch ihren Eltern genehm ist.
Sie war der Vogel im güldenen Käfig.
Nach einem weiteren Seufzer sprach sie leise zu sich:
"Ja, Danni, da sitzt du nun wie ein Häufchen Elend.
An was du denkst? Ich kann's dir verraten!
Soll ich? Na gut.
Tja....du denkst an diesen aufdringlichen und
ungelenken Kerl, der dich nach dem Kino belästigt hat.
Seltsam, an den, der dich vorher belästigt hat, an den
denkst du nicht mehr, ha?
Und der junge hübsche Mann?
Na, daaaas ist vergeben und vergeßen.
Wie sagtest du nicht so schön: Wegen so einer Lapalie....
das vergißt man doch gleich.....
Danni, Danni, vergeben und vergeßen.....?
EIn Skandal, so ein Skandal! würde deine Mutter empört rufen
und vielleicht würde dein Papa mal hinter seiner Zeitung
hervorlugen und dich warnend mustern.
Aber Danni, sei nicht so naiv. Der eine wie der andere, beide
wollten ein kurzes Abenteuer mit dir, denn lange darf sich ja sowas
bei den Herren der Schöpfung nicht herauszögern! Das wäre ja 
gräßlich, die aaaarmen Männer! Aber was denkst Du  bloß immer
an den Letzten? Weil er so gut aussah - na, seinen ganzen Charme hat er
ja nicht gerade gezeigt, ich glaub, ich glaub, gerade dieses Tollpatschige
an ihm hat dir gefallen. Sag mal, bist du überhaupt noch normal zu nennen?"
Spöttisch sah sie sich an und tippte sich mit eindeutigem Zeichen auf die Stirne.
"Blöde Gans, der hat sich doch schon längst eine andere aufgegabelt,
vielleicht hast du NACH der wieder Chancen - oder muß man da
erst ein schriftliches Gesuch bei dem Herrn einreichen.....?
.....und trotzdem.....," sie wandte das Gesicht dem Fenster zu und
in ihren Augen lag ein verträumter Ausdruck,"...und trotzdem gefällt er mir,
ja, und trotzdem vergess' ich ihn nicht....."
Energisch begann sie sich die Haare zu bürsten, wusch und kleidete
sich an.
Eben wollte sie das Fenster schliessen, da hörte sie erregte Stimmen.
Elsie, das Dienstmädchen, ja, das war ihre Stimme!
"Hören sie, junger Mann, sie sind unverschämt!Was wollen sie von mir?"
"Ich hab's eilig, hab' nicht viel Zeit, weil ich zur Arbeit muß....."
Danni stutzte.
Das war doch - ja, das war - er.
Aber was wollte er von Elsie - etwa......
Wütend stieß sie ein Buch, das am Boden lag zur Seite und
ballte die Hände zu Fäusten.
'So ein Lustmolch! Will der mit Elsie anbandeln! Na wart', Bruder, dir.....
aber was geht mich das an, er ist ja nicht...nicht mein Freund.....'
Resignierend wollte sie endgültig das Fenster schliessen,
da sprach der junge Mann gerade::"Ich will ja sonst nichts, als daß sie
ihrer jungen Herrin diesen Strauß da geben!"
Danni beugte sich vorsichtig aus dem Fenster,
Da unten stand Elsie mit einem riesigen Einkaufskorb
am Arm, vollgefüllt mit Lebensmitteln, vom Grünzeug über Fleisch
bis zu Butter und Milch.
Und daneben stand er - er, dieser unbekannte Mann.
Welcher Elsie nun den Strauß wundervoller rosa-roter Rosen in den
Arm legte.
Verdutzt sah Elsie ihn an.
"Und was soll ich sagen?"fragte sie skeptisch.
"Schöne Grüße, mehr nicht! Das andere werde ich ihr
schon persönlich sagen," gab er grinsend von sich und weidete sich
an den neugierigen Blicken des Mädchens, welches dann die
Schultern zuckte, sich umwand und die Stiegen eilig emporstieg,
nachdem sie das Tor zugeworfen hatte.
Danni hätte am liebsten einen Freudenjauchzer gemacht.
Aber wer war denn der kerl schon>?
Vielleicht versuchte er es nun mit der Kavalierstour.....
'Nein, nein, Danni, warum nimmst du immer gleich das
Schlechteste an? Weil es das Naheliegenste ist?
Na, verliebt wird er sich nicht gleich in dich haben, aber
vielleicht gefällst du ihm und alles ist ganz harmlos!
Harmlos - bei rosa-roten Rosen?'
Als von dem Fremden nichts mehr zu sehen war, verließ sie ihr 
elegant-verspieltes Jungmädchenzimmer und lief die
Marmortreppe hinunter in den Mezanin, Elsie entgegen.
Sie stellte sich ganz gleichmütig und fragte wie neckend:"Na, Elsie, rote Rosen
reden nur von Liebe, Sehnsucht....."
"Gnädiges Fräulein......."
"Haben sie die Blumen von ihrem Verehrer bekommen, Elsie?
Sie sind doch nicht etwa verliebt, verlobt - und wollen uns
verlassen? Nein, Elsie, das kann doch nicht sein!"
Sie hatte unheimlichen Spaß und wirbelte der anderen die
rote Farbe ins Gesicht.
"Nein...nein..nein...-die sind nicht für mich....
sind für sie,"stotterte Elsie verlegen und ärgerte sich nun
doppelt über den Burschen, der ihr den Strauß einfach in
den Arm gedrückt hatte und ihr seine Pflichten übertrug!
"Für mich - von wem, Fräu'n Elsie?"
'Das müßten sie schon selber wissen,'dachte sich Elsie, doch sagte
sie wahrheitsgetreu:"Ein junger Mann hielt mich vor dem Haus auf, als ich gerade vom
Kaufmann kam. Er trug mir auf, ich soll ihnen einen schönen Gruß ausrichten -
ja, das war so ungefähr alles!""Danke, Fräu'n Elsie,"murmelte Daniela
Martell und ging eilig mit dem Strauß in ihr Zimmer.
Die Mutter brauchte ihn nicht zu sehen.
Sie steckte die duftenden Rosen in eine wassergefüllte Vase
und setzte sich auf ihre kleineCouch.
Ein tiefer Ernst stand in ihrem Gesicht.
'Hab' ich's also doch nicht geträumt - er hat mich nicht vergessen,'dachte sie und
öffnete das kleine beigelegte Briefkuvert.
'Liebes unbekanntes Fräulein,' stand auf dem Büttenpapier
mit steiler energischer Schrift geschrieben.
'Verzeigen Sie mir bitte, wenn ich Sie wieder belästige!
Sie wissen vielleicht nicht mehr, wer ich bin, ich, 
welcher dieses Briefchen zu schreiben gewagt!
Ich bin der junge Mann, der Sie nach Ihrem Kinobesuch
am Sonntag angesprochen hat.
Wenn ich nicht galant war und mich auch nicht
sonderlich geschickt benahm, so hab' ich eine Bitte:
Vergessen Sie es!
Aber ich hab' Sie nicht vergessenkönnen.
Und ich bitte Sie innigst, liebes gädiges Fräulein, bitte kommen
Sie heute abend zum Franzens-Park.
Sie müßten ihn kennen , er liegt ganz in Ihrer Nähe.
Ich möchte persönlich mit Ihnen sprechen.
Denken Sie nicht schlecht von mir, liebes Fräulein!
Sie brauchen nichts zu befürchten.
Bitte seien sie gegen 19 Uhr dort -
ich erwarte Sie sehnlichst.
Bestimmt werde ich Sie nicht lange aufhalten.
Dankbar mit vielen Grüßen
Ihr Stefan Richter'
Daniela Martell las den Brief einige Male durch.
Was tut's, wenn sie wirklich hinging?
In ihr stritten Gefühl und Verstand.
Du sollst.....pochte ihr Herz.....und der Verstand
mahnte das Gegenteil ein: Was geht dich dieser Mann an-nichts!
'Ich werde mich anschleichen - und sehen, wem ich widerstehen werde: 
Dem Verstand oder dem Herzen!'
Sie stand auf, hob das Buch, das sie vor kurzem wütend 
weggestossen hatte, vom Boden auf, nahm ein Rosenblütenblatt
und legte es zwischen zwei Seiten.
Und sie tauchte ihr Gesicht in die Rosenblütenpracht.....
Warum sie das tat, wußte sie selber nicht, es war unbewußt.....
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Fortsetzung folgt

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