Montag, 26. Oktober 2009

Daniela preßte die Lippen zusammen und blickte zu ihren Eltern, welche sie nicht aus den Augen liessen.
Der Gesellschaftszwang und die Umstände zwangen die junge Frau in diese für sie abstruse Situation.
Ja, sie mochte Eugen von Sanders...aber lieben.....
Lieben würde sie immer nur Stefan, nach dessen Händen sie sich verzehrte, nach dessen Blicken sie sich  sehnte und nach seinen lieben Worten, nach seiner Art, mit ihr umzugehen, seiner sosehr liebevollen Art.

"Hallo....haben sie gehört, was ich gerade in ihr Ohr geflüstert habe?" fragte der Baron und lachte.
Kurz holte Danni tief Luft.
"Sie sind für mich die schönste Frau des Abends....,"sprach er wieder ganz nahe an ihrem Ohr.
"Bin ich das?" flüsterte sie ihm in einem Anflug von verzweifelter Koketterie zu.
Er nickte, sah sie verheißungsvoll an und bestätigte:"Die Königin des Abends!"
Die Nähe ihres geschmeidigen jungen Körpers betörte ihn, ihr zartes Parfum, ihr Liebreiz...all dies trieb ihm Schweißperlen auf die Stirne.
Da merkte sie, wie er Richtung Portal tanzte.
Es war ihr recht so, sie wollte an die frische Luft, jedoch fröstelte es sie.
"Ihnen ist kalt...warten sie auf mich...ich hole ihnen ihre Spitzenstola,"meinte Eugen, der dies sogleich registriert hatte.
Danni umfaßte ihre Arme, nickte und sog die kühle frische Luft begierig ein.
Dabei schloß sie die Augen, in die wieder wehmütig-sehnsuchtsvolle Tränen stiegen.
'Stefan...wenn du jetzt hier wärst....wenn du wenigstens  wissen tätest, was hier um mich geschieht....ach, würdest du mich verstehen? Würdest du mich beschützen, entführen, mit mir davon laufen...irgdendwohin, wo uns keiner mehr findet....alles, alles wäre mir recht, um mit dir zusammensein zu dürfen und deine Liebe, die für mich so wichtig und kostbar ist, ausleben zu dürfen.
Was würdest du tun, wenn du jetzt hier wärst...würdest du mich lieben oder hassen?'
Sie preßte die Hände gegen ihre pochenden Schläfen.....
'Stefan, Stefan....,'pochte es auch in ihrem Herzen,' verzeih mir....'
"So, hier, Daniela, gleich wird ihnen wieder wärmer werden!"
Die dunkle Stimme des Barons riß sie wieder in die Gegenwart aus ihren Gedanken zurück.
Er legte ihr die beige Stola, welche aus Brüsseler Spitzen gefertigt war, sorgsam um die bloßen Schultern, dann spürte sie seine warme Hand an ihrem Ellenbogen und er führte sie die Stiegen hinab in den dunklen Park.
Und Danni ahnte natürlich, was er damit bezweckte.
Insgeheim betete sie um Kraft, das alles durchzustehen.
Die Bäume rauschten im leichten Wind und die Nacht war sternenklar.
Sie sah hinauf zum Himmel....kein Mond war zu sehen.
Nun setzten sie sich auf eine der hübschen Bänke und schwiegen lange Zeit.
Irgendwie war es Daniela peinlich, andererseits war sie sehr froh darüber.
Wiederum andererseits hätte sie gerne alles schon hinter sich....oder am liebsten wäre sie nun aufgewacht aus einem seltsamen Traum......
Da seufzte Sanders tief auf.
"Daniela, ich muß ihnen etwas gestehen...."
'Jetzt kommt's, das Unumgängliche,' dachte sie bange und wurde in der Dunkelheit blaß.
Irgendwo hörte sie in der Ferne ein Käuzchen.
Dann war es wieder still, nur die Musik vom Saal drang zu ihnen herüber.
"Man wird sie am Ball vermissen, Baron," versuchte sie noch das Thema zu wechseln.
Aber sie wußte, jetzt gab es kein Entrinnen mehr...das Spiel war im Gange, ein grausames Spiel, so wie sie es empfand. Wenn Eugen sie nicht leiden hätte können, wäre sie wenigstens außer Obligo gewesen.
Aber so......
Wieder sah sie Stefans Gesicht vor sich.
'Stefan, mein Stefan, verzeih mir, verzeih mir die Lüge und verzeih mir,  daß ich dich verraten muß. Tue ich es doch nur aus Liebe zu dir.....oh Vater im Himmel...hilf mir....'
"Ach, die Gäste, die unterhalten sich auch ohne mich...zumindest eine Weile," hörte sie nun wieder Eugen Sanders Stimme,"das, was ich ihnen einfach sagen muß, gestehen muß, ist bedeutend wichtiger!"
"Was...was wollen sie mir denn gestehen?"
"Ich habe mich in sie verliebt, Daniela Martell!"
Er griff fordernd nach ihren Händen und, bevor sie es sich versah, hatte er sie in die Arme gerissen.
"Oh Daniela," es klang wie ein Jauchzen.
Sein Mund suchte ihren.
"Küß'  mich,"flüsterte sie da, hart preßten seine Lippen sich auf ihre, hart und verlangend. Sie roch sein Rasierwasser und ...da...war wieder Stefans Gesicht. Wie zärtlich er doch küssen konnte....
Aber Eugen von Sanders Leidenschaft ging mit ihm durch.
Er verlor die Containance.......sie spürte seine Hände auf ihren Schultern, im Nacken ... und als sie sich tiefer tasteten, bäumte sie sich auf. Sie stieß ihn heftig weg.
"Nein, Eugen!" Fest und energisch kam es von ihren Lippen.
"Oh, wie süß!" rief er da, jetzt klang es wie ein Jammern in ihren Ohren.
Kalte Schauer liefen über ihren Rücken.

Schnell aber hatte er sich wieder im Griff.
Er faßte ihr Gesicht unter ihrem Kinn.
"Ich war zu ungestüm, bitte entschuldige mein Benehmen, Daniela, aber es ging mit mir durch. Ich habe so etwas selbst noch nie erlebt, bei keiner anderen Frau vor dir. Alle machten es mir leicht als vermögenden Baron, wenn du verstehst, was ich meine."
Er ließ sie aus, aber seine Blicke verzehrten sich nach ihr.
Fast tat er ihr nun leid.
Sie nahm seine Hände und zart nahm er sie nun nochmals in die Arme.
"Bitte, sei lieb zu mir....hab' mich lieb, Eugen. Und hab' Geduld mit mir," sprach sie ganz leise, fast verstand er sie nicht.
Ihr dunkler Kopf lag an seiner Schulter und er streichelte sie jetzt wie ein Kind.
"Daniela, ich werde alle Geduld der Welt aufbringen, wenn du mich nur ein wenig lieb gewinnen würdest....und ich bitte dich, lasse uns zur Gesellschaft gehen und unsere Verlobung bekannt geben. Willst du das auch?"
Ach, wie gerne hätte sie jetzt laut geschrien: 'Nein, ich will nur einen zum Mann und das bist nicht du, Eugen von Sanders!!!!!!'
Aber ergeben nickte sie.
"Komm', meine Süße, lass' uns gehen," flüsterte er, erhob sich, zog sie hoch und dann weiter Richtung Schloß.
Sie stolperte hinter ihm her und nun liefen Tränen über ihr Gesicht.
Er drehte sich nach ihr um und sah sie erstaunt an.
"Tränen?" "....des Glücks," beeilte sie sich zu versichern.
"Aber damit ist jetzt Schluß, meine Prinzessin!" rief er übermütig,"jetzt wird gelacht, getrunken und gefeiert! Komm', schnell, ich kann es gar nicht mehr erwarten, mein Glück allen mitzuteilen!!!!!"
Er nahm sie an der Hand und lief mit ihr die Empore hinauf - fast kam sie ihm nicht nach in seinem Tempo.
Hatte er Sorge, daß sie es sich noch einmal anders überlegen könnte?
Im Saal angekommen, sie noch immer an der Hand, rief er mit lauter Stimme:" Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich bitte um ihre werte Aufmerksamkeit!"
Die Kapelle spielte unaufgefordert einen Tusch.
Daniela stand neben Eugen von Sanders.
Alle Blicke spürte sie auf sich, fast brannten diese ihr das Kleid vom Leib.
Sie hätte sich am liebsten hinter dem Baron versteckt, aber da dies nicht ging, suchte sie die Gesichter ihrer Eltern unter all den fremden Leuten und sah, wie zufrieden das Ehepaar Martell wirkte und wie es ihr zunickte.
"Ich danke für ihre Aufmerksamkeit. Madames und Monsineurs....hiermit gebe ich meine Verlobung mit Fräulein Daniela Martell bekannt!"
Applaus kam auf. "Bravo!" riefen einige begeistert, andere, vor allem ältere Gäste, waren etwas schockiert und tuschelten....eine Bürgerliche....zur Frau....
Danielas Liebreiz überzeugte aber auch die Skeptischen unter ihnen und mechanisch, ein kleines Lächeln auf den Lippen, schüttelte sie viele, viele Hände.
'Nun bist du gerettet, mein Stefan,' dachte sie.
Der Abend, die Ballnacht, dauerte noch sehr lange, bis sich der letzte Gast verabschiedet hatte.
An Daniela lief irgendwie alles vorbei, als sehe sie sich selber zu.
Sie tanzte viel, am meisten mit ihrem Verlobten.
"Du bist das schönste Geburtstagsgeschenk meines Lebens!"
Der Baron strahlte sie an.
Sein Glück war unverkennbar.
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Fortsetzung folgt

1 Kommentar:

  1. Ach menno, gestern wie heut, manchmal geht das Schicksal seltsame Wege erst...


    herzlich, Rachel

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