Donnerstag, 15. Oktober 2009

Mit bebenden Händen öffnete Daniela das Kuvert und nahm den Briefbogen heraus.
'Liebe Kinder, ich kann Euch nicht viel schreiben, denn es ereignet sich nicht wirklich viel.
Nur Marti bringt Abwechslung in dieses mein Leben! Ich bin ja nach wie vor freigestellt und danke es meinem Professor jeden Tag auf's Neue. Er hat vollstes Verständnis für die Situation und ich habe sein Wort, daß ich meine Stelle behalten kann.
Marti hebt ihr kleines Köpfchen schon ganz kräftig und eifrig, will am liebsten nur sitzen, obwohl sie es ja noch nicht von alleine kann. Und sie guckt mich aus Dannis Augen ganz groß an. Dann streichel ich ihr vorsichtig über Stefans dunkle Haare. Manchmal lächelt die kleine Maus, wie Du, Danni, sie nanntest oder lacht sogar.Ja, so werde ich jeden Tag an Euch durch sie erinnert, denn....ach, ich denke soviel an Euch, meine lieben Kinder und ich bete jeden Tag zu Gott, unserm Vater. Ich hoffe, daß es Euch gutgeht und daß soweit alles in Ordnung ist. Hie und da telefonieren wir ja sowieso miteinander.
Macht keinen Unsinn und überlegt lieber zweimal, was auch immer Ihr vorhabt. Habt ja jetzt nicht nur Verantwortung für Euch und Eure Liebe, sondern auch für ein kleines zauberhaftes Wesen, das Euer Kind ist. Ihr braucht Euch aber keine Sorgen um Marti machen, sie ist bei mir gut aufgehoben. Ich passe auf sie auf wie auf mein Augenlicht.
Gestern war die Fürsorgerin da und ist mit allem einverstanden.
Die Marti ist der Liebling der ganzen Umgebung.
Tausend Küsse und Grüße von Marti und mir.
Eure Tante Klara
P.S.: Beiliegend sind noch zwei Fotos von Marti!'
Daniela nahm die Bilder heraus und ein zärtliches Lächeln überflog ihre Lippen.
"Schau, Steff, unser Kleinchen! Ist sie nicht süß?"
"Ganz der Vater!"rief Stefan lachend und erntete sogleich einen sanften Rippenstoß.
"Pardon, natürlich hat sie auch etwas von ihrer Frau Mutter!"
"So ist's schon besser, Herr Vater!"rief Danni übermütig.
Sie zeigte auf die untergehende Sonne, welche das Land in rotgoldenes Licht tauchte.
Es wurde immer kühler und Danni begann wieder zu frösteln.
"Meinem Mädchen wird kalt,"murmelte Stefan und zog seine Jacke aus, um sie Daniela umzuhängen,
hatte sie doch nur ein leichtes Kleid an.
"Danke, Stefan," meinte sie dankbar....und sog den angehnehmen Geruch von Stefan und seinem Toilettewasser ein.
Gleich fühlte sie sich geborgener.
Sie erhoben sich, um den Weg an der Donaupromenade entlang zu gehen.
Einen Weg wie ihr gemeinsames Leben.
Der aber länger und weiter werden könnte, als beide nur ahnten.
~~~~~~~~~
Gina blieb vor dem Portal stehen und sah zu der imposanten Villa hinauf.
Ob es richtig war, was sie jetzt vorhatte?
Doch sie verscheuchte diese Gedanken, öffnete ihre Handtasche und warf einen kleinen Blick in
ihren Handspiegel.
Zufrieden lächelte sie und verschloß wieder ihre Tasche.
Wenn sie da wieder heraus kam, war sie eine reiche Frau!
Nun drückte sie auf den Klingelknopf und durch die Sprechanlage meldete sich eine
joviale Stimme:"Sie wünschen bitte?"
"Ich möchte gerne Frau Martell sprechen. Ich werde sicher schon erwartet - mein Name
ist Gina Lehner!"
"Einen Moment bitte,"sprach die Sprechanlagenstimme und es machte 'Klick'.
Kurze Zeit später hörte Gina:"Wenn sie sich bitte heraufbemühen wollen...."
Das Tor summte.
Gina schritt die Stiegen empor, links und rechts englischer Rasen, äußerst gepflegt, trotz der steilen Lage.
'Na, also da wohnt die kleine Martell- na, die wird sich bald zu trösten wissen.'

Ein adrettes Dienstmädchen in weißer Schürze öffnete die schwere Holztüre.
Gina nahm die Sonnenbrille ab und blickte sich prüfend um.
So etwas Feudales hatte sie noch nie leibhaftig gesehen, kannte dies nur aus Hollywoodfilmen.
Einfach wunderbar.
Überall blitze es vor Sauberkeit und spiegelte mit dem Glitzern der Kristallleuchter um die Wette.
Mamorne Stiegen und Wände, Kristallspiegel, Eichenmobilar, dort wieder Seidentapeten, Gemälde, Gold und Silber, schwere Schalen, drapiert mit Früchten und Dekos....
Wie geblendet schloß Regina Lehner für einen Moment die Augen.
"Würden sie bitte weitertreten, gnädiges Fräulein?"bat Elsi und öffnete eine der vielen Türen.
Gina betrat vor dem Mädchen einen Salon, welche in Weinrot und Altrosa gehalten war.
Ein angenehmer Parfumgeruch lag in der Luft, in  einer Kristallbodenvase neben einer der Flügeltüren standen ellenlange dunkelrote Rosen.
"Fräulein Gina Lehner, gnädige Frau!"
"Danke." Die elegante große Frau, welche sich nun aus einem der tiefen Samtfauteuils erhob,
brachte Gina wiederum zum Staunen.
Das seidene fliederfärbige hautenge Kleid mit dem seitlichen Schlitz bis zu den wohlgeformten Knien,
das lange rote Haar, das schöne Gesicht, die grünen Augen, welche an eine Raubkatze erinnerten und nun Gina von oben bis unten mißtrauisch musterten.
Mit einem Wink gebot Tina Elsie, das Zimmer zu verlassen.
"Irre ich mich? Nannte mein Dienstmädchen sie nicht soeben Lehner?"fragte sie scheinheilig und kam
der verblüfften Gina mit ihren wiegenden Schritten entgegen.
Hochmütig lächelte Frau Martell, mit einer gewissen Süffisanz und Ignoranz, welche sie vortrefflich beherrschte, und hob eine Augenbraue.
Gina rang nach Fassung.
Sie war derart überrascht und es kam ihr vor, als ob sie selbst die zu Erpressende, Unterlegene wäre.
So einer Frau, vom Scheitel bis zur Sohle Dame, war sie noch nie begegnet.
Außerdem hatte sie sich Tina als eingeschüchterte Person vorgestellt, die ihr alles bot, nur, damit sie schwieg.
Tina Martell warf ihre prächtigen Haare zurück, wandte sich um und ging zu einem der Schränke, dessen Fach sie herunterklappte. Gina konnte viele Flaschen erkennen, eine Minibar also.
Dahinter glänzte ein Spiegel und ließ die Flaschenschar als noch mehr scheinen, als sie war.
"Kann ich ihnen etwas anbieten, Fräulein?"
Tina drehte ihren Kopf Richtung Regina und blickte diese herausfordernd an.
"Ja, einen Gintonic, bitte."
Tina füllte zwei Gläser, nahm die Flasche, stellte sie zurück, klappte das Barfach wieder hinauf, deutete zu den Fauteuils mit ihrem Kopf und meinte:"Wollen sie nicht Platz nehmen?"
Dann stellte sie die beiden Gläser auf den Glastisch und setzte sich ebenfalls.
Langsam, sich ihrer Wirkung voll bewußt, legte sie ein Bein über das andere und das Seidenkleid fiel auseinander und zeigte ihre schönen Beine.
"So,"sprach sie und hob den Blick,"Fräulein Lehner - wollen wir auf ein gutes Geschäft anstossen!"
Klingend stiessen die beiden Kristallgläser aneinander.
Dann holte sie eine goldene Zigarettenschachtel vom Tisch, öffnete sie und fragte:"Rauchen sie?Nein?Bewundernswert." Sie zündete sich eine der Zigarillos an, nahm einen tiefen Zug, wippte mit dem überschlagenen Bein und meinte dann mit einer Kälte in der Stimme, daß es Gina kurz fröstelte:
"Kommen wir zur Sache, Fräu'n Lehner."
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(Foto-Quelle Photosearch)
Fortsetzung folgt

2 Kommentare:

  1. ....und immer wieder faszinierend...ich glaube, deine Phantasie kann Purzelbäume schlagen...lächel...

    herzlichst, Rachel

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  2. liebe luna, wenn ich bedenke, dass du beim schreiben deines romanes 16 jahre alt warst, staune ich, wie du alles so schön durchdacht und zusammengefügt hast. welch ein tiefer sinn in allem liegt.
    sehr schön!


    liebe luna, leider läuft etwas störend ein dicker strich links durch deine schrift. ob das wohl anders geht? ich wollt es auch nur sagen. bitte nicht böse sein, gell?

    viel spaß beim weiterschreiben, alles liebe! liv

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