Mittwoch, 23. September 2009

"Das Mädel ist verrückt geworden, Darling!"rief Tina Martell empört, sprang auf und lief nervös hin und her.
Rudolf saß in seinem Fauteuil und las den Brief, den die Tochter per Boten geschickt hatte, nochmals durch.
'.....ich kann ihn nun einmal nicht vergessen, den Stefan. Ihr könnt' doch nichts dagegen haben, wenn wir Freunde sind, oder...'
"Eigentlich ist ja nichts dabei, Tina,"meinte er beschwichtigend.
"Nichts dabei? Nichts dabei, sagst du? Meinst du das ernst?? Erst Freunde, dann Geliebte, dann Kind und dann -vielleicht- Heirat? Glaubst du, ich kenn' das Leben nicht? Ha? Und wer nimmt sie dann schon zur Frau, wenn alles schief geht? Baron Sanders sicher nicht!"
"Schrei doch nicht immer gleich! Wir können unserem Kind nicht das Herz und die Gefühle aus dem Leib reissen!"
"Aber Eugen - Eugen Sanders, er begehrt sie zur Frau! Glaubst du, es wäre ihm recht?"
"Daniela ist mir immer noch wichtiger als Sanders. Du weißt, daß ich es auch sehr gerne sehen würde, daß die beiden heiraten. Er ist ein guter Mann, der sie sehr mag und ihr viel bieten kann, der zu ihr und uns passt!
Glaube mir, sie wird diesen Stefan bald über haben. Verbieten wir ihr den Kontakt, steigert sie sich nur noch mehr hinein und trotzt. Vielleicht wäre es deshalb ganz gut, wenn sie mit ihm zusammen wäre und ihn und sein Leben näher kennenlernen würde. Umso baldiger sie seine Schwächen kennen lernt, umso früher wird sie von ihm genug haben!"
Tina Martell blieb stehen, überlegte, zuckte die Achseln und meinte:"Gut, versuchen wir es," drehte am Absatz um und verließ den Raum.
Und so reiste Danni nach einem tränenreichen Abschied von Magda und Johannes wieder zurück nach Hause.
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"Gnädiges Fräulein, hier ist ein Brief für sie abgegeben worden!"
Philipp reichte auf einem silbernen Tablett Daniela ein Kuvert.
"Danke, Philipp."
Verwundert sah sie auf das Papier mit der fremden Handschrift.
Der Diener deutete eine Verbeugung an und entfernte sich schweigend.
Danni öffnete das Kuvert und nahm einen rosafärbigen Bogen Papier heraus, auf dem geschrieben stand:
'Hallo Fräulein Daniela Martelll! Mein Name ist Regina Lehner. Sie kennen mich nicht, ich weiß.
Aber Sie sind doch mit einem gewissen Stefan Richter befreundet!? Mein Gewissen gebietet mir, Ihnen reinen Wein einzuschenken. Ich bin eine von Stefans vielen Freundinnen, wie Sie nun auch. Ich muß Sie bitten, von Richter abzulassen, denn ich erwarte ein Kind von ihm!
Sie wollen doch einem ungeborenen Wesen nicht den Vater nehmen, oder? Grüße von Regina Lehner'

Daniela starrte fassungslos auf die Zeilen.
Nun war ein viertel Jahr vergangen und Stefan und sie....
Er soll eine andere haben, nebenbei, nein, noch viele andere dazu?!

Plötzlich liefen heiße Tränen über ihre Wangen.
Wenn es nun wahr wäre?
Allein der Gedanke an so eine Möglichkeit tat ihr im Herzen weh.
Sie wußte ja, daß er -früher- viele Mädchenbekanntschaften hatte, aber.....
'Nein, Stefan, du bist kein Betrüger. Oder hast du etwa gelacht über meine hingebungsvolle Liebe? Nein, niemals, ich glaube an dich und deine Liebe.....'
Tief seufzte sie auf....sie wußte, sie mußte so schnell wie möglich mit ihm reden.
Persönlich, nicht per Telefon.
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Stürmisch wurde bei Stefan Richter angeläutet.
"Jajaja, ich komm' ja schon!"rief er ungehalten.
Er war eben dabei, sich eine Krawatte zu binden, wollte er doch mit seiner Daniela ausgehen, heute, am  Abend.
Als er die Eingangstüre öffnete, meinte er erstaunt:"Danni - du? Was ist denn geschehen, Liebling?"
Ihr Gesicht war total bleich und sie war sehr nervös.
"Lass' mich rein, Steff,"murmelte sie, drängte sich an ihm vorbei im engen Vorraum und ließ sich sodann in den nächstbesten Sessel fallen.
"Es wird langsam kalt draußen - wir haben ja auch schon Oktober. Komm', du willst sicher etwas trinken, ich stell' dir einen Tee auf, Liebes!"sprach er ahnungslos.
"Nein, nein danke, Stefan, setz' dich lieber zu mir, ich habe mit dir zu reden."
"Dannilein, was ist geschehen, du bist so bleich?"
Er kauerte sich vor ihre Beine und küßte ihre Knie.
"Da, Stefan, lese das!" Sie reichte ihm den Brief von Gina, welchen er hastig überflog und sodann aufsprang und voller Wut das Papier in tausend kleine Stückchen zerriß.
"Dieses Weibsstück ist vom Teufel besessen!"schrie er außer sich.
"Stimmt es, Stefan?" fragte sie leise.
Da riß er sie wild in die Höhe und schüttelte sie.
"Stefan...Stefann, hör' auf!"
"Du glaubst das??? Du glaubst das etwa????" rief er und ließ sie derart aprupt los, daß sie einige Schritte rückwärts taumelte.
"Stefan, nein, ich glaube es nicht, ich frage dich doch nur...was ist mit dir...Stefan?"
Er lief zu ihr und nahm sie nun unendlich zärtlich in seine Arme, küßte ihr die Tränen von den Augen und Wangen.
"Keine Tränen, Danni, ich kann dich nicht weinen sehen. Verzeih mir diesen Ausbruch, ich war unbeherrscht. Weißt du, Gina kann es nicht verstehen, daß ich auch lieben kann und nur dich liebe. Darum lügt sie! Es war so gemein von ihr, Danni, vergiß es!"
"Ach Stefan, "flüsterte sie erleichert und atmete tief auf.
Er küßte sie, wühlte sein Gesicht in ihr Haar, welches er besonders an ihr mochte.
"Stefan...es ist noch etwas passiert."
Ihre Hände suchten die seinen und drückten sie, als würde sie sich Kraft holen aus ihnen.
"Danni?"
"Stefan...wir...wir bekommen ein Kind!"
Er wurde aschfahl im Gesicht.
"Wann, Danni, wann wird es soweit sein?"
"Im Frühling, Stefan, April oder Mai."
"Du weißt, Liebes, wir sind noch nicht soweit, ich kann dich noch nicht heiraten.
Weder familiär, noch wirtschaftlich."
"Stefan,"schluchzte sie auf," ich hab' so Angst! Angst vor der Zukunft, Angst, du könntest mich nicht mehr liebhaben! Wir waren doch so glücklich!"
"Kleines,"murmelte Stefan und strich seinem Mädchen zärtlich über den Kopf.
"Es wird schon alles gut werden, Danni. Und das Kind soll nicht darunter leiden, Liebes!"
"Hast du einen Vorschlag, Stefan?" Fragend sahen ihn die dunkelblauen Augen an.
"Ja, aber ich weiß nicht, ob du ihn annehmen wirst."
"Sprich...sag' ihn mir, Stefan."
"Ich habe eine Tante in Deutschland, in München."
"In München...du meinst, ich soll nach München....du willst...."
"Ja, Danni, aber nicht nur du, ich gehe natürlich mit dir, ich lasse dich nicht alleine. Dort hättest du Ruhe. Ich würde schnell wieder Arbeit finden, Kleines."
Er küßte sie auf die Stirne.
"Wir werden solange beiben, bis unser Kind geboren ist. Dann reisen wir wieder zurück, wenn du willst."
"Und das Kind, Stefan? Was wird aus unserem Kind?"
"Das...das bleibt bei meiner Tante. Aber es wird uns als seine Eltern lieben lernen, wir werden es oft besuchen! Und später...."
"Oh Stefan,"sie wandte ihm den Rücken zu. "Später - später - ist das denn ein Trost, eine Lösung? Warum muß unser Kind darunter leiden? Glaubst du, ich kann das Kleine in München zurück lassen...Stefan, glaubst du das etwa?"
"Danni," unendlich zärtlich und bittend klang seine Stimme.
Er faßte sie an den Schultern und drehte sie zu sich heran und sah ihr an, wie es in ihr kämpfte.
"Bis heute sind wir so glücklich gewesen. Nun sind dunkle Wolken aufgetaucht, die unser Glück überschatten, weil es Probleme sind, unsere Probleme. Wir müssen sie lösen, zu lösen versuchen. Aber wird die Sonne nicht wieder nach den dunklen Wolken scheinen?Hast du nicht selber mal gesagt, man muß Opfer bringen für den Menschen, den man liebt? Ist das nicht ein kleines Opfer im Gegensatz zu unserer großen Liebe, Danni?"
"Deine Worte nehmen mir nicht die Angst und Sorgen und ich bin mir nicht sicher, ob Dein Vorschlag machbar ist und ob es nicht andere Lösungen für uns gibt. Aber eines sei gewiß, Stefan, ich liebe dich sehr!"
Sie schlang ihre Arme um seinen Nacken und fuhr ihm zärtlich durch das dunkelgelockte Haar.
"Wir werden es schon schaffen,"flüsterte Danni nun tapfer lächelnd.
"Wir müssen's,"antwortete er optimistisch und preßte sie an sich.
"Es wird sehr schwer werden. Meine Eltern muß ich anlügen, ich weiß noch nicht, was ich sagen werde. Aber sie werden nicht unglücklich über meinen Entschluß sein, weil sie denken, daß ich mich von dir löse.
Stefan - bleib' bei mir, halt' mich ganz fest...ich hab' so Angst, daß ich verzweifeln könnte, daß ich jeden Halt verliere und in einen dunklen Abgrund stürze, wenn du nicht bei mir bist, wenn ich deine Liebe verlieren könnte...denn damit würde ich meinen Lebensinhalt, mein Leben verlieren und zurück bliebe nur Leere in meinem Herzen...."kam es ergreifend über die roten Lippen......
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Fortsetzung folgt

1 Kommentar:

  1. ...und wieder alles auf einmal gelesen, so bleibt man so richtig drin gefangen in der Geschichte...

    lächelnd, Rachel

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