Mittwoch, 2. September 2009






"Richter....he, Herr Richter, Telefon!...Hören sie denn nicht?!!!
He, Herr Richter, Teeeleeefon!!!"""
Stefan schrak aus seinen Gedanken auf und
ging nickend zu seinem Chef, Herrn Auer,
welcher ihm mit breitem Grinsen den Hörer reichte.
"Danke, Chef, Verzeihung, aber,...."
"Reden sie nicht so lang mit mir, da wartet bestimmt wer
sehnlicher, ihre Stimme hören zu dürfen, als ich!!"
Stefan preßte den Hörer an sein Ohr.
Er merkte, wie seine Hände feucht wurden vor Aufregung.
"Richter,"klang seine nun heisere Stimme durch den Draht
zu Daniela.
"Hier...hier..ich bin's, Daniela Martell,"kam es von den
bebenden Mädchenlippen.
"Danni - wie geht es ihnen?"
"Danke, es geht mir gut.
Stefan - ich wollte ihnen sagen -Stefan,
um fünf Uhr....wir können uns heute nicht treffen!"
"Wir können....es geht nicht?! Haben sie Schwierigkeiten
bekommen, Danni? Es war wirklich nicht meine
Absicht.....""Nein, nicht direkt und sie brauchen sich nichts
vorwerfen! Wegen gestern nicht, aber es ist etwas
dazwischen gekommen, nämlich, meine Mutter
gibt heute eine Party und da wünscht sie, daß ich dabei bin,
Stefan, ja....das wünscht sie."
"Ja, dann....,"kam es sehr enttäuscht vom anderen
Leitungsende.
Hatten sie sich doch erst vor einer Stunde telefonisch
verabredet.
"Stefan?" "Ja?"
"Ginge es nicht etwas...etwas später?" "Ja, natürlich, aber...."
"Ich könnte mich davon schleichen, Stefan, dann ginge es."
"Nein, Danni, das kann ich nicht von ihnen verlangen....."
"Stefan, sie wollen mich doch heute abend sehen?"
"Ja, aber...." "Und...und haben sie sich schon darauf gefreut?"
"Ja, Danni, ja, das hab' ich."
"Warten sie also um acht Uhr auf mich!"
"Nein, Danni, das werde ich nicht."
"Stefan, soll ich böse werden?
Dann tun sie, was ich ihnen gesagt habe, Stefan,"
kam es energisch von Danielas Lippen.
"Danni, verstehen sie denn nicht..."
"Eigentlich nicht. Eigentlich schon. Sie können aber
vergewissert sein, daß höchst egoistische Gedanken hinter
diesem Treffpunkt stecken, denn das mache ich nur für mich,"neckte 
sie ihn,"Ich möchte nämlich bloß dieser langweiligen Ge-
sellschaft entschwinden und ein bißchen frische Luft atmen.
Wissen sie, bei diesen Leuten glaube ich immer,
ersticken zu müssen, Stefan."
"Danni...ich...okay, ich warte um acht Uhr beim 
Franzens-Park."
"Sehr nett, wirklich sehr nett, so gefallen sie mir schon besser,
mein Herr Kavalier! Endlich sind sie vernünftig! Ich werde mich
beeilen, damit sie nicht zu lange warten müssen."
"Dann....Daniela, ich freue mich schon sehr."
"Ich freu' mich auch schon - sehr, Stefan."
"Einen schönen Tag noch Danni. Auf Wiedersehen!"
"Danke Stefan, auf Wiedersehen!"
Schnell hängte Daniela Martell ab.
'Du kannst ja gar nicht ahnen, wie sehr ich mich freue und 
daß es darum nur egoistische Gründe sind, die mich dazu
bewegten, dich wiederzusehen, dummer Herr Richter,
weil ich doch dauernd denke an dich!'
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"Hahahahahaha, oh nein, Darling, das finde ich gut, hahaha! Erzählen sie den Witz
doch noch einmal, Jonny, der war Klasse, ulkig!"
Die auffallend geschminkte Dame mit den stechend roten
Haaren und dem sehr gewagt, ja schon ordinär wirkendenen 
aufgeschlitzten Kleid, hielt sich den Bauch und lachte.
Daniela Martells Mundwinkel zogen sich 
verächtlich herab.
Sie tanzte mit einem dicken alten Herrn, der
unangenehm schwitzte und ihr des öfteren auf die
Zehen stieg.
"Sie tanzen wunderbar, Miss Martell. Bei uns in England tanzen
die Damen auch good, well, aber sie....wie eine Engel, Miss Martell.
Sehr goood, well!!" Begeistert nickte der alte Engländer,
dessen Namen sie schon wieder vergessen hatte.
Dann fuhr er fort:"Wenn ich bloß daran denken, wie ab---eahm, wie sagt man
in Germany, in Austria...eahm, ah ja, wie schlecht die Ladys -nicht alle,
aber nun...wie schlecht einige Ladys tanzen, krrrr, und dann
noch diese neumod'sche, ehm, Rock'n Roll, glaub', yes, sou hieß dies...."
Er schüttelte sich wie ein begossener Pudel und
beinahe wären sie gestolpert.
Danni nickte nur und verbiß sich ab und zu ein 
herzhaftes Gähnen.
So ein uninteressanter Kauderwelsch!
Immer wieder wanderte ihr Blick zu der alten
Standuhr in der einen Ecke des großen Raumes.
Eine halbe Stunde, bis es soweit war, bis......
Aufatmend neigte sie ihr Haupt, als der anstrengende Tanz
mit dem Mister zu Ende war.
Sie bahnte sich den Weg durch die vielen Gäste,
welche tratschend und lachend sich den neuesten Klatsch 
über Stars und Bekannte erzählten oder sich über die
letzten Börsenkurse stritten.
Dicke Rauschschwaden zogen wie Nebelstreif über die 
Köpfe hinweg.
Vor dem Buffet tummelten sich die Hungrigen und
Philipp, der alte Diener, dirigierte seine ihm
untergebenen Kellner, die eigens für die Party im Hause
Martell zur Verstärkung angagiert worden waren.
Danielas Schritten lenkten sie zu der Terasse, welche durch
große gläserne Schwingtüren vom Saal getrennt war.
Sie ging bis zu den Stiegen, die in den großen parkähnlichen
Garten führten.
Tief atmete sie die reine Nachtluft ein und flüsterte:
"Oh lieber Gott, ich halte dieses Leben, dieses
Faulenzerleben nicht mehr aus, befreie mich davon.
Ich schäme mich ja schon, unter normale Leute zu gehen....
Vater im Himmel, und doch hast du mich in dieser
Familie aufwachsen lassen, in dieser Gesellschaft....
gehöre ich etwa dazu, ist es nicht recht, daß ich über...über
Meinesgleichen schimpfe? Wieso ist das Leben so
verwunderlich und doch so wunderschön....."
Sie lehnte den Kopf an eine der steinernen Vasen,
in denen duftende Blumen wuchsen.
Solche Vasen und Figuren, engelsgleich, mit nackten
Oberkörpern, die Hände in anmutigen Posen gehalten,
säumten das Gelände, welches die Treppe entlangführte.
Alles glich mehr einem Traum als der realen Wirklichkeit,
es schien aus einer anderen Welt zu entstammen, und
so war es schließlich auch.
Daniela hatte die Schritte hinter sich nicht vernommen, war sie doch viel zu
sehr mit ihren Gedanken beschäftigt,
"Fräulein Martell, schön, daß ich sie hier treffe,"sprach plötzlich
ein junger Mann hinter ihr.
"Verzeihen sie bitte, wenn ich sie störe,"fügte er hinzu und ein
leises Lachen, das so klang, als ob er über sich selber lachen würde,
war zu hören.
Daniela drehte sich um und stand einem sehr schlanken
Mann gegenüber, der eher in einen legeren Anzug gepaßt hätte
als in den Smoking, den er trug.
"Guten Abend, Herr Sanders,"murmelte sie und reichte ihm
ihre Hand, die er formvollendet küßte.
"Ich hatte heute noch keine Gelegenheit, mich
mit ihnen zu unterhalten, denn immer sind sie von
Verehrern umgeben, gnädiges Fräulein."
"Bin ich das auch jetzt?"fragte sie ihn tiefgründig und sah ihn
kurz  aufblickend an, als er antwortete:"Ich glaube, 
daß sie es auch jetzt sind, Fräulein Daniela."
Tief sah er sie an.
Schnell wandte sie sich wieder dem nächtlichen Garten zu,
dem Park, dessen alt Bäume rauschten.
"Mußte für einen Moment 'rausgehen, ich hielt es
drinnen einfach nicht mehr aus, wissen sie?"
sprach Danni nervös, nur damit sie was sagte.
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Fortsetzung folgt

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